Hamburg. Als die drei dünnsten Bücher der Welt galten lange die Werke "Italienische Helden", "Die leckere englische Küche" und "Deutscher Humor".

Vor allem Vorurteile über die Deutschen werden in vielen Ländern liebevoll gepflegt. So wachsen englische Kinder auf Grund des Konsums debiler Fernsehserien in der festen Überzeugung auf, Deutsche seien tumbe Geschöpfe, die ihre Pickelhauben selbst in den intimsten Momenten aufbehalten. Der spätere britische Premierminister Lloyd George meinte 1914, Gott habe den Menschen nach seinem Vorbild erschaffen - die Deutschen jedoch würden Menschen als Dieselmotor konstruieren: akkurat, voller Kraft, aber ohne Raum für die Seelentätigkeit.

60 Jahre nach Kriegsende suchen die Deutschen nicht nur ihre Identität, sondern auch ihren Platz in der Welt. Zu den schon bewährten Mitteln der Sympathiewerbung - spendabler Nettozahler in vokalreichen Organisationen wie Uno oder EU zu sein, Friedenstruppen in die entlegendsten Wüsteneien der Erde zu schicken - gesellen sich nun unkonventionellere Varianten.

So bietet zum Beispiel eine Website im Internet die weltweite Vermietung von anstelligen Deutschen für alle mögliche dienlichen Zwecke an. Unter www.rentagerman.de bieten sich Teutonen jeder Art feil. So ganz neu ist die Idee nicht. Der englische König George III. machte im Unabhängigkeitskrieg gegen die USA (1775-1783) gute Erfahrungen mit gemieteten Deutschen, die ihm der Kurfürst von Hessen-Kassel gegen großzügiges Entgelt anbot.

Der Kurfürst wurde dadurch zu einem der reichsten Herrscher Europas, und der König sparte das Blut seiner Untertanen. Nur die Deutschen sahen nicht so gut aus bei dem Deal - wer nicht erschossen wurde, geriet in US-Gefangenschaft.

Bei dem Projekt "miete einen Deutschen" soll das etwas zivilisierter ablaufen. Und einen Deutschen kann man schließlich immer mal brauchen. Zum Beispiel als Engländer, um im Morgengrauen Liegestühle auf Mallorca besetzen zu lassen. Oder als Amerikaner, um auf einer Party mit einem humanistisch gebildeten Deutschen anzugeben, der akzentfrei Rilke zitieren kann.

"Suchen Sie sich den Deutschen Ihrer Wahl aus für ein exklusives Erlebnis, das Sie nie vergessen werden . . . Was für einen Anlaß Sie auch wählen, Sie werden Ihre Umwelt mit Sicherheit beeindrucken, wenn Sie einen original Deutschen präsentieren", schwärmt die Website.

Um gleich Dankschreiben glücklicher Mieter mitzuliefern. So schreibt David U. aus Denver: "Ich hatte keinen Deutschen mehr gesehen seit meinem Einsatz im Zweiten Weltkrieg. Ich weinte - es war eine derart starke emotionale Erfahrung. Wir aßen jeden Abend "Heidelberger Bergklöße" miteinander . . . "

Und Carl Hagen (58) aus New York berichtete über einen gemeinsamen Familienabend mit dem Deutschen: "Sogar Großmutter blieb auf und genoß den exotischen Klang von Worten wie Rasenmäher, Motorsäge oder Solidargemeinschaft."

Doch "rentagerman" ist ehrlich genug, auch die Schattenseiten zu erwähnen. So könne der Deutsche heimwehkrank, aggressiv oder schlicht müde werden. Für diesen Fall wird ein Hilfspaket mitgeliefert. Inhalt: Würste, Sauerkraut, ein Deutschland-Video und ausgewählte Gedichte.

Trotz der Risiken hat die Website bereits zahlreiche Interessenten. "Jeder sollte das verfassungsmäßige Recht auf seinen eigenen Piefke haben", fand eine Österreicherin, erkundigte sich aber besorgt über den potentiellen Mietling: "Haart der?"

"Der Spiegel", immer schon ein notorischer Spielverderber, fand nun heraus, daß hinter der Aktion der Münchner Webdesigner Johannes Blank steht. Der 30jährige wollte "einfach Menschen auf ironische Weise als das präsentieren, was sie wirklich sind. Als Deutsche." Also alles nur Nonsens. Vielleicht ist das Buch über den deutschen Humor ja doch nicht ganz so dünn.