Montgomery: Statt Versicherte zu entlasten, stopften sich auch Chefs der Kassenärztlichen Vereinigungen die Taschen voll.

Hamburg. Nach der heftigen Kritik an Gehaltserhöhungen für einige Krankenkassenvorstände von bis zu 20 Prozent stoßen nun auch die Gehälter der Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) auf Empörung. Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Frank-Ulrich Montgomery, hat die Vergütungen der insgesamt 17 Vorstände der KVen als "astronomisch" und "überdimensioniert" kritisiert. "Der Erfolg der Gesundheitsreform muß vornehmlich den Versicherten zugute kommen", sagte der Chef des mit 80 000 Mitgliedern größten Ärzteverbandes Europas dem Abendblatt.

Statt dessen würden sich KV-Vorstände mit Jahreseinkommen "von 250 000 Euro und mehr (Dienstwagen, Altersversorgung etc.)" sowie Kassenvorstände "die Taschen vollstopfen". Da folge das Prinzip der Leistung dem des Einkommens nicht mehr. "Die den Patienten abgepreßten Sparerfolge müssen den Versicherten durch Beitragssenkungen zugute kommen", so Montgomery.

Es sei eine Schande, schimpft der Hamburger Radiologe, "daß über KV- und Kassenmanagergehälter von 250 000 Euro und mehr diskutiert wird und zugleich Oberärzte an Kliniken mit allen Diensten und Überstunden nur zwischen 60 000 und 90 000 Euro jährlich erzielen". Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist die Vorwürfe zurück. "Die Gehälter von KV-Vorsitzenden sind mehr als gerechtfertigt", sagte KBV-Sprecher Roland Stahl dem Abendblatt. "Schließlich müssen sie mit derselben Verantwortung und Haftung arbeiten wie Chefs von mittelständischen Unternehmen."

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) forderte die Kassenchefs erneut auf, Managergehältern auch Managerleistungen folgen zu lassen. "Dazu gehört, daß die Vorstände nicht immer klagen, was alles nicht geht, sondern aktiv die neuen Chancen für Versicherte und Patienten wahrnehmen", sagte sie dem Abendblatt. "Und dazu gehört auch, daß angesichts des deutlichen Überschusses der Kassen von vier Milliarden Euro jetzt weitere Beitragssatzsenkungen für die Versicherten erfolgen müssen."