Kommentar

In Deutschland ist es Mode, jede geplante Neuerung, die zum Abbau der himmelschreiend hohen Massenarbeitslosigkeit beitragen soll, sofort zu zerreden, schlecht zu machen und möglichst rasch zu verdammen. Wo sich Chancen bieten könnten, wittern viele Deutsche lieber immer erst mal Risiken. Da sieht Wirtschaftsminister Clement ein Potenzial von 600 000 "Ein-Euro-Jobs" - schon geht es wieder los.

CDU-Chefin Merkel äußert schwere Bedenken. Bedenken äußert auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft. Und Thüringens DGB-Chef Frank Spieth rastet gleich völlig aus, versteigt sich zu der hirnrissigen Behauptung, mit Ein-Euro-Jobs werde "der Reichsarbeitsdienst im neuen Gewand eingeführt".

Per Ein-Euro-Job könnten jedoch manche Langzeitarbeitslose künftig wieder besser an die Arbeitswelt herangeführt werden. Überdies könnten sie ihr Monatsbudget um einen bescheidenen Betrag aufbessern. Ihnen wird auch keineswegs Arbeit gegen Hungerlohn abverlangt. Denn sie erhalten ja zusätzlich vom Staat Arbeitslosengeld II und die Kosten für Unterkunft und Heizung. Diese Unterstützung wird aus Steuern bezahlt und damit auch von steuerpflichtigen Arbeitnehmern mit geringen Löhnen finanziert. Ein Langzeitarbeitsloser mit einem Ein-Euro-Job könnte je nach Familienstand ein monatliches Nettoeinkommen von 850 bis 1000 Euro erzielen. Beschäftigte in schlecht bezahlten Berufen verdienen mitunter im Monat kaum mehr. Das sollte bedenken, wer so gern die Parole "Sozialabbau" im Munde führt.

Natürlich gilt es, darauf zu achten, dass Ein-Euro-Jobs nicht zu einer Konkurrenz von regulär Beschäftigen werden und deren Arbeitsplätze bedrohen. Aber jede Möglichkeit, Langzeitarbeitslosen eine Brücke in die Arbeitswelt zu bauen, sollte genutzt werden. Ob Ein-Euro-Jobs als Brücke taugen, wird man aber nur erfahren, wenn man sie ausprobiert.