CDU und CSU treten mit unterschiedlichen Strategien an. Die CSU schlägt dabei europaskeptische Töne an.

Berlin. Das Konterfei der Kanzlerin soll erst in der heißen Phase des Europawahlkampfs von den Straßenrändern lächeln. Doch der Kurs der CDU ist auch so offenkundig: ein bisschen Wohlfühl-Stimmung verbreiten, um zumindest die Stammwähler an die Urnen zu locken. Das zumindest ist die Botschaft der ersten neuen Plakatmotive zur Europawahl am 7. Juni, die Generalsekretär Ronald Pofalla gestern präsentierte. Jener vertrackten Wahl, an der nur 43 Prozent der Deutschen überhaupt teilnehmen wollen, deren Ergebnis aber Ausstrahlungswirkung bis zur Bundestagswahl im September haben kann.

"Wir in Europa" lautet der eher schlichte Slogan, mit dem das CDU-Vorhaben funktionieren soll. "Keine Experimente", lautet das intern ausgegebene Motto, das dahinter steht. Denn die Ausgangslage für die Unionsschwestern ist schwierig. CDU und CSU können an diesem Tag nur eins - verlieren. Die Frage lautet indes noch: Wie hoch? Der Angstgegner der CDU ist dabei weniger die im 20-Prozent-Getto verharrende SPD, sondern das eigene Wahlergebnis vor vier Jahren. Damals - auf dem Höhepunkt der Empörungswelle über den Kurs von Rot-Grün im Bund - holte die CDU 36,5 Prozent der Stimmen. Das lässt sich kaum wiederholen, räumt man im Adenauer-Haus ein.

Auch die nur in Bayern angetretene CSU landete damals bundesweit bei beachtlichen acht Prozent. In diesem Jahr aber muss die Partei um ihren Wiedereinzug ins Europaparlament bangen. Das Überspringen der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde nur mit Stimmen aus Bayern gilt nach dem Desaster bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr nicht als ausgemacht, zumal die Freien Wähler, die der CSU bereits im September wichtige Prozente abnahmen, wieder mit Rebellin Gabriele Pauli antreten. Dazu kommt, dass die Europawahl auch als erster Gradmesser herhalten muss, ob der neue CSU-Chef Horst Seehofer in der Lage ist, den Abwärtstrend umzukehren.

Die Nerven in München sind deshalb angespannt, die Bereitschaft zum Kompromiss ist begrenzt. Das Ergebnis: Die CSU tritt mit eigenem Programm, eigenen Plakaten und einer klar akzentuierten europaskeptischeren Grundtendenz als die große Schwester an. Die Partei fordert Volksabstimmungen über Beitritte neuer EU-Mitgliedstaaten, weniger Bürokratie und eine direkte Wahl der EU-Abgeordneten. Bei der CDU sucht man solche Forderungen vergeblich. Bei einem Strategietreffen im Januar in Erfurt hatte Seehofer vergeblich versucht, auch Merkel für diesen Kurs zu gewinnen, ohne Erfolg. Jetzt wird er eben ohne die CDU, die weiter plebiszitäre Elemente auf europäischer Ebene ablehnt, durchgezogen.

Wenn Pofalla lästert: "Eine Volksabstimmung über den EU-Beitritt der Türkei muss gar nicht stattfinden, da er gar nicht geplant ist", kontert CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt: "Wenn wir wesentliche Kompetenzen auf die EU übertragen oder neue Mitgliedstaaten aufnehmen, dann ist es bestimmt nicht verkehrt, darüber das Volk entscheiden zu lassen. Das betrifft nicht allein die Türkei." Offiziell sieht Pofalla das getrennte Marschieren aber nicht als Problem an. Die wichtigsten Themen habe man abgestimmt, sich deshalb viermal im Vorfeld getroffen. Wenn's reicht.