Lange haben sich Internetbetreiber dagegen gewehrt. Nun hat sich die Familienministerin durchgesetzt.

Berlin. Sie sind widerwärtig und brutal: kinderpornografische Darstellungen im Internet. Aber sie garantieren den Tätern ein Millionengeschäft: Mindestens 300 000-mal pro Tag wird allein in Deutschland auf Seiten zugegriffen, auf denen man sich anschauen kann, wie Kinder sexuell missbraucht und vergewaltigt werden. Achtzig Prozent dieser Kinder sind jünger als zehn Jahre, dreißig Prozent sind nicht mal drei Jahre alt. Fürs Zugucken zahlt ein "Kunde" etwa 70 US-Dollar.

Damit soll jetzt endlich Schluss sein. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) will das tun, was sie im Interview mit dem Hamburger Abendblatt Mitte November bereits angekündigt hat: Sie will die schmutzige Datenautobahn schließen. Nach "anfänglicher Skepsis", wie es die Ministerin gestern in Berlin formulierte, sei die deutsche Internetwirtschaft nun bereit, mit der Bundesregierung und dem Bundeskriminalamt zusammenzuarbeiten. Sie werde die Zugangssperren sogar selbst errichten.

Ende Februar soll es so weit sein. Hatten Deutschlands Internetanbieter bislang behauptet, Sperrungen seien technisch nicht möglich oder rechtlich nicht zulässig, beweist die Praxis in Großbritannien und Skandinavien seit fünf Jahren das Gegenteil. Das System scheint einfach: Kriminalbeamte durchkämmen die Domains nach kinderpornografischen Inhalten und führen die Liste der zu blockenden Seiten, die technische Seite der Sperrung übernehmen die Serviceprovider. Die Sperrliste wird täglich aktualisiert, dafür braucht ein Beamter weniger als eine Stunde pro Tag. Die Internetnutzer, die eine geblockte Seite aufrufen wollen, werden mit einem Stopp-Schild konfrontiert.

Deutschland schließt sich damit dem Netzwerk CIRCAMP (Cospol Internet Related Child Abusive Material Project) an, in dem sich insgesamt bereits 13 Staaten organisiert haben. Neben Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland sind das Irland, Holland, Belgien, Frankreich, Spanien, Italien, Malta und Polen.

Es gehe nicht darum, die Nutzer zu verfolgen, stellte Ursula von der Leyen klar. Zumal man zwischen jemandem, der zufällig auf einer solchen Seite lande, und einem sogenannten Pädosexuellen schwer unterscheiden könne. "Wir wollen", so die Ministerin, "die Täter stellen, die Quellen schließen und Kinder retten." Dass es dabei zu einem Overblocking kommen werde, das heißt: zur unbeabsichtigten Sperrung anderer Seiten, könne man quasi ausschließen. In Dänemark habe es seit 2005 nicht einmal fünf Beschwerden wegen Overblockings gegeben. Im Fall der Fälle, so die Ministerin, werde die Politik dafür jedoch die volle Haftung übernehmen.

Von der Leyen erklärte, es gehe darum, die Verbreitung von Kinderpornografie - die in der Hälfte aller Staaten gar nicht oder nur unzureichend unter Strafe stehe - drastisch einzudämmen. Man müsse dazu den "Markt" konsequent einengen. Damit für die Täter der Anreiz sinke, mit Kinderpornografie Geld verdienen zu wollen. "Auf offener Straße wäre das doch eine Horrorvision: Ein Kind wird vergewaltigt, und die Passanten tun nichts. Aber so ist die Situation im Internet." Sie mache die Kinder zudem zu lebenslangen Opfern, weil sich die Bilder nie wieder tilgen ließen.