Mütter, die das gemeinsame Kind erziehen, dürfen grundsätzlich nur drei Jahre lang Unterhalt beanspruchen. Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Urteil.

Karlsruhe/Hamburg. Für geschiedene Mütter und Väter sind neue Zeiten angebrochen. Der Bundesgerichtshof (BGH) macht Ernst mit der "Stärkung der Eigenverantwortung", die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) mit der Reform des Unterhaltsrechtes durchsetzen wollte. Nach einer Entscheidung der Karlsruher Richter müssen Alleinerziehende nach einer Scheidung in Zukunft deutlich früher als bisher einen Vollzeitjob annehmen. Das Gericht gab damit einem klagenden Vater recht. Allerdings müsse immer im Einzelfall entschieden werden, so der BGH (AZ: XII ZR 74/08).

Viele geschiedene Väter dürften damit finanziell entlastet werden. Laut Urteil haben geschiedene Mütter in der Regel nur noch während der ersten drei Lebensjahre des Kindes Anspruch auf Betreuungsunterhalt von ihrem Ex-Gatten. Darüber hinausgehende Fristen sind aber je nach Kindeswohl und beruflicher Situation der Mutter möglich.

Der BGH stellte nun erste Kriterien zur Auslegung des neuen Gesetzes auf. Bei der Prüfung, ob und inwieweit eine Mutter über die drei Jahre hinaus Betreuungsunterhalt bekommen soll, haben laut Gericht "kindbezogene Verlängerungsgründe" das stärkste Gewicht. Aber auch Gründe der "nachehelichen Solidarität" spielten für die Weiterzahlung über die Drei-Jahres-Frist hinaus eine Rolle. Die "nacheheliche Solidarität" kann demnach beispielsweise greifen, wenn sich die Frau während der Ehe überwiegend um Haushalt und Kinder gekümmert hatte und nicht berufstätig war.

In dem gerichtlich behandelten Fall fordert eine Studienrätin von ihrem geschiedenen Mann 837 Euro Betreuungsunterhalt im Monat. Der im November 2001 geborene und an Asthma leidende Sohn wird von der Mutter betreut. Er geht seit September 2007 zur Schule und nachmittags bis 16 Uhr in einen Hort. Die Beamtin arbeitet bereits seit 2002 wieder als Lehrerin, allerdings in Teilzeit mit nur 18 Wochenstunden. Nur wenn die Krankheit des Sohnes eine besondere Betreuung notwendig mache, dürfe die Alleinerziehende weiterhin auf einer 70-Prozent-Stelle arbeiten. Ansonsten müsse sie in Vollzeit arbeiten, urteilte das Gericht. Der BGH verwies die Klage deshalb zurück an das Berufungsgericht in Berlin.

Nach früherem Unterhaltsrecht hätte die Lehrerin bis zum achten Lebensjahr des Kindes gar nicht und bis dessen 15. Lebensjahr nur halbtags arbeiten müssen. Dieses "Altersphasen-Modell" gehöre nun der Vergangenheit an, sagte Senatsvorsitzende Meo-Micaela Hahne. "Der Gesetzgeber hat die Rechtslage grundlegend umgestaltet." Seit der Reform des Unterhaltsrechts 2008 gilt ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur für drei Jahre, ist aber bei fehlenden Betreuungsmöglichkeiten verlängerbar.

Das Urteil löste ein geteiltes Echo aus. Nach Ansicht der FDP-Rechtsexpertin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schafft das Urteil mehr Klarheit. Nicht allein das Alter des Kindes sei ausschlaggebend, sondern zum Beispiel Betreuungsmöglichkeiten und Gesundheitszustand. Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) kritisierte, dass das Urteil den "Kampf um Unterhalt" anheize. Der BGH habe es versäumt, den Gerichten klare Vorgaben zu machen. Nach Auffassung des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter muss sich nun die Infrastruktur zur Kinderbetreuung in Deutschland verbessern.