Der Geschlossenheitsappells von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stößt in der CSU auf taube Ohren. Im Gegenteil. Die CSU legt bei ihren Attacken auf die Schwesterpartei und deren Vorsitzenden nach: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann warf Merkel grobe Fehler und Versäumnisse vor.

MüncheN7Berlin. Ungeachtet des Geschlossenheitsappells von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt die CSU ihre Kritik an der CDU-Vorsitzenden und dem Profil der Schwesterpartei fort. Merkels Mahnung an den Papst im Zusammenhang mit dem Holocaust- Leugner Bischof Richard Williamson sei "mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden" gewesen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der "Passauer Neuen Presse". Bei der Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach entwickle sich dies "in die gleiche Richtung". Hermann untermauerte damit seine bereits zuvor geäußerte Kritik an Merkel nur einen Tag, nachdem sie an die Geschlossenheit der Union appelliert hatte.

Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bekräftigte in dem Blatt: "Man darf nicht nur den Wechselwählern hinterher hecheln, sondern muss vor allem auch die Stammwähler pflegen."

Hermann erklärte: "Wir können nicht erst nach der Wahl die Analyse machen, was vor der Wahl alles falsch gelaufen ist, obwohl wir jetzt schon wissen, was falsch läuft." Merkels Agieren "tut uns in einem wichtigen Stammwählerbereich der Union nicht gut". CSU-Chef Horst Seehofer versicherte zwar, er wolle keine Personaldebatte über Merkel. Doch gleichzeitig forderte er ein weiteres Mal einen schärferen Kurs der gesamten Union.

Am Vortag hatte Merkel in einem Interview ihre Mahnung an den Papst verteidigt und Kritik an ihrer Haltung zu Steinbach zurückgewiesen. Zu Forderungen, sie solle Unionspositionen deutlicher vertreten, sagte sie: "Wenn ich Parteivorsitzende bin, lege ich meine staatliche Verantwortung nicht ab. Und umgekehrt bin ich in allem, was ich als Kanzlerin tue, immer auch CDU- Parteivorsitzende."

Vor rund einem Monat hatte es im Kanzleramt ein langes Gespräch der Spitzen der beiden Parteien gegeben inklusive Seehofer. Danach hatten die CDU-Granden gehofft, dass die Störfeuer aus Bayern aufhören würden. Umso überraschender fiel nun die erneute Verschärfung des Münchner Tonfalls aus. Über die Motive wird in Berlin gerätselt. Die Vermutung liegt aber nahe, dass auch Seehofer erst nach und nach erkannt hat, welche Wirkung die Papst-Worte der Kanzlerin auf seine bayerische Stammwählerschaft hat. Nun versuche er, durch Konfrontation zu Merkel Schaden von der CSU abzuwenden und nimmt aber das Bild der Zerrissenheit der Union in Kauf, heißt es in Berlin. Eine neue K-Frage will Seehofer aber nicht aufwerfen: "Wir führen keine Debatte über die Kanzlerin und schon gar nicht gegen die Kanzlerin als CSU", sagte er.