Im Streit um die Honorare der niedergelassenen Ärzte hat der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigung...

Berlin. Im Streit um die Honorare der niedergelassenen Ärzte hat der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gefordert. Diese versuche "auf Kosten der Patienten ihre Pfründe zu sichern", sagte Lauterbach der Kölner Zeitung "Express", dabei habe sie "diese misslungene Honorarreform, über die sich viele Ärzte zu Recht beschweren", selbst entwickelt. Für Lauterbach ist klar: "Wir sollten die Kassenärztliche Vereinigung abschaffen." Stattdessen sollten die Arzthonorare von der Krankenkasse direkt zum Arzt fließen. "Wie es in jedem anderen europäischen Land der Fall ist. Das wird zu weniger Kosten, weniger Bürokratie und mehr Effizienz im Gesundheitswesen führen."

Auch die CSU möchte die Honorarreform, die sie - übrigens genau wie die SPD - damals mit beschlossen hat, inzwischen schleunigst wieder entsorgen. Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) nennt die Reform "stümperhaft". Die Zwangsmitgliedschaft der Ärzte in den Kassenärztlichen Vereinigungen solle aufgehoben werden, hieß es gestern aus München. Die KVen, so eine Söder-Sprecherin im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt, könnten ja anschließend als "Dienstleister der Ärzte" weiter existieren.

Die KVen sind in Deutschland für die Verteilung der Gelder zuständig, die die Krankenkassen aus den Beiträgen der Versicherten für die rund 148 000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten bereitstellen. In diesem Jahr geht es dabei um 30 Milliarden Euro - drei Milliarden Euro mehr als im Vergleichsjahr 2007, das bei den Verhandlungen im Sommer 2008 herangezogen wurde.

Die Honorarreform sorgt für Unmut, seit sie Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Ziel dieser Reform ist es, dass ostdeutsche Ärzte für die gleiche Arbeit genauso viel Geld bekommen sollen wie ihre westdeutschen Kollegen. Doch trotz der Aufstockung der Mittel klagen Fachärzte in mehreren Regionen über Verluste - insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Aus Protest behandeln einige Mediziner ihre Patienten nur noch gegen Sonderzahlungen oder Vorkasse. Den Krankenkassen liegen deswegen nach eigenen Angaben mehrere Tausend Beschwerden von Patienten vor - allein die DAK meldete 1500 Klagen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat den Ärzten inzwischen mit disziplinarischen Maßnahmen bis hin zum Entzug der Zulassung gedroht.

Während der Berliner Gesundheitswissenschaftler Ellis Huber den Ärzten vorwarf, sie jammerten "auf hohem Niveau", verlangte Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe bis zu 1,5 Milliarden Euro mehr an Beitragsgeldern. Seinen Vorschlag lehnten die Krankenkassen umgehend ab.

Für die nächste Woche (17. März) und für Ende März sind derweil zwei weitere Verhandlungsrunden des Schlichtungsgremiums mit den Spitzenverbänden von Kassen und Vertragsärzten angesetzt. Heute ist ein bundesweiter Aktionstag mit Praxisschließungen bei den Orthopäden und Unfallchirurgen geplant, wie die Berliner KV-Sprecherin Annette Kurth sagte. Ebenfalls für heute hat die Ärzteorganisation Medi zu einem Protesttag in Baden-Württemberg aufgerufen.