Es ist nur noch ein halbes Jahr bis zur Bundestagswahl. Für die Union sind die Umfragewerte im Sinken begriffen, und prompt macht sich Nervosität...

Es ist nur noch ein halbes Jahr bis zur Bundestagswahl. Für die Union sind die Umfragewerte im Sinken begriffen, und prompt macht sich Nervosität breit. Konservative, Wirtschaftsflügel, Vertriebene, papsttreue Katholiken - alle fühlen sich schlecht behandelt oder zumindest vernachlässigt. Und ein ganzer Chor natürlich nur wohlmeinender Parteifreunde weiß, wie es besser ginge.

Die CDU-Chefin hält sich weitgehend bedeckt. Ihr ursprüngliches Wahlkonzept, mit einer Bildungsoffensive und allerlei Zukunftsthemen punkten zu wollen, ist durch die Krise über den Haufen geworfen worden. Die täglich neuen Schreckensmeldungen von Firmenpleiten und Milliardenpaketen lassen die Neigung der Wähler zu Reformen gen null tendieren. Abstiegsängste grassieren, und das Bedürfnis nach Sicherheit hat weite Teile der Gesellschaft fest im Griff. Da will die Kanzlerin jetzt fischen. Hier kann sie ihren Regierungsbonus ausspielen und bisher Unentschiedene für sich gewinnen. Die Stammklientel wird, wenn es zum Schwur kommt, schon an der richtigen Stelle das Kreuz machen.

Zudem steckt ihr und ihrem Umfeld noch die Erfahrung des Wahlkampfes von 2005 in den Knochen, als erst Friedrich Merz und dann Paul Kirchhof die Republik mit radikalen Steuerkonzepten aufschreckten. Dank geschickter Gegenpropaganda und miserabler Eigendarstellung blieb bei vielen nur hängen: "Merkel will Krankenschwestern die Nachtzuschläge streichen." So etwas soll nie wieder passieren. Und so bleibt alles, was nur irgendwie nach mutiger Politik oder klarer Haltung aussieht, in den Schubladen des Adenauerhauses begraben.

Das sieht kleinkariert und verzagt aus, hat aber in Deutschland bisher für Mehrheiten gereicht. In Zeiten der Krise kann außerdem viel passieren. Da ist ein halbes Jahr dann doch noch ziemlich viel Zeit.