Eine Einladung mit Symbolcharakter: Dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle wurde gestern Abend die Ehre eines Auftritts beim CDU-Wirtschaftsrat zuteil.

Berlin. Eine Einladung mit Symbolcharakter: Dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle wurde gestern Abend die Ehre eines Auftritts beim CDU-Wirtschaftsrat zuteil. Die Einladung seiner "Verbündeten im Geiste" habe ihm aus dem Herzen gesprochen, schmeichelte Westerwelle den Gastgebern um Präsident Kurt Lauk, die unter dem Motto: "Die Mitte: Deutschlands Zukunft!" in die Landesvertretung Nordrhein-Westfalens gebeten hatten.

Ein schwarz-gelbes Manifest mit Blick auf die Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl? Westerwelle gab der Union nicht nur kleine Bosheiten und - aus seiner Sicht - bittere Wahrheiten zu schlucken, sondern stellte auch konkrete Forderungen an eine mögliche Koalition mit der CDU/CSU. Er werde seiner Partei eine Koalitionsaussage zugunsten der Union empfehlen. "Das setzt aber voraus, dass die Union sich dazu ebenfalls durchringen kann." Beifall.

Er sei nicht gekommen, um zu agitieren, und überzeugt, dass die Wirtschaftskrise bewältigt werden könne. Aber er hoffe doch sehr, danach nicht in einer anderen Republik leben zu müssen. Erneut Beifall. "Gerade in schweren Zeiten" sollten Politiker ihren ordnungspolitischen Kompass kennen. Westerwelle geißelte die unter Beteiligung der Union in der Großen Koalition beschlossenen Mindestlöhne als "DDR light", die Erbschaftssteuerreform als "familienfeindlich" und jenes Gesetz, das die Finanzbehörde nun zur "Enteignungsbehörde" macht, als Ausweis für den "Zustand der Verlotterung" des Landes.

Schlimm sei, "dass jetzt schon gegen Steuersenkungen spricht, dass davon nicht jene profitieren, die keine Steuern zahlen. Das ist nicht Ludwig, sondern Heinz Erhardt." Wieder Beifall. Man dürfe "nicht von vornherein" vor so großen Aufgaben wie der Steuerreform kapitulieren - eine Bemerkung, die auch an den zweiten Redner dieses Abends gerichtet war: Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Schäuble warnte davor, den Menschen in diesen schweren Zeiten noch Steuersenkungen zu versprechen - und blieb dabei auch an diesem Abend. Er versuchte gar nicht erst, Westerwelles Rhetorik zu übertrumpfen, sondern gab einmal mehr den intellektuellen Vordenker. Sezierte den Begriff der "Mitte", die ja die eigentliche Entwicklungskraft der Gesellschaft sei.

Die CDU, nicht die FDP sei die "Volkspartei" dieser Mitte. Sie müsse deshalb immer auch Lösungen finden, die für alle gesellschaftlichen Gruppen akzeptabel seien. Mehr als die Liberalen müsse die Union auf Ausgleich, Mäßigung und Realismus setzen. "Das heißt auch, nicht mehr zu versprechen, als man sich zutraut, auch einhalten zu können." Die FDP - "übrigens ein Mitbewerber - wolle ja auch Mitte sein. "Aber Volkspartei ist sie nicht. Den Anspruch hat sie nicht erhoben, auch nicht auf Schuhsohlen." Auch dafür gab es lange Beifall.