Im Kampf gegen Pflege-Missstände sollen künftig alle rund 10 000 Pflegeheime in Deutschland mit Schulnoten von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ bewertet werden. Die Ergebnisse des neuen Pflege-TÜVs werden vom Sommer an im Internet und in Fachmedien bekannt gegeben.

Berlin. Abmagerung, Wundliegen, Stürze Missstände in manchen Pflegeheimen gehören zum traurigen Alltag in Deutschland. Nach der jüngsten offiziellen Erhebung leidet jeder zehnte Heimbewohner unter einem "akut unzureichenden Pflegezustand". Die schwarzen Schafe unter den Einrichtungen sollen nicht länger ungeschoren davonkommen. Alle mehr als 10 000 Heime sollen künftig geprüft und benotet werden für jeden nachzulesen im Internet.

Läuft es so, wie sich die Krankenkassen das vorstellen, können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen spätestens 2011 für jedes Bundesland eine Seite im Internet ansteuern. Hier finden sich die Namen aller Heime und Noten von "sehr gut" bis "mangelhaft" mit Nachkommastellen als Gesamtergebnis.

Einzelnoten gibt es für Pflege und medizinische Versorgung, für Umgang mit Demenzkranken, für soziale Betreuung und Alltagsgestaltung sowie für Wohnqualität, Verpflegung und Hygiene. Auch Bewohner sollen befragt und diese persönlichen Einschätzungen zu einem Ergebnis zusammengefasst werden.

Die Kassen und insbesondere deren zuständiger Medizinischer Dienst MDS sind optimistisch, dass nach monatelangem Gerangel um die Prüfverfahren nun bald Transparenz im Heimwesen einkehrt. "Das ist ein Quantensprung", sagt der MDS-Geschäftsführer Peter Pick. Mängel gehörten beseitigt. Manche Heime "mit Leichen im Keller" hofften vielleicht, dass sie möglichst spät drankommen mit der Prüfung bis 2011 sollen aber alle lückenlos bewertet sein, danach kommen jährliche Regelprüfungen. Kostenpunkt: 4500 Euro pro Prüfung. Erste Ergebnisse soll es schon in diesem Sommer im Netz geben.

Kontrollen ohne Anmeldung und eine Zufallsauswahl der jeweils begutachteten Bewohner sollen die Unbestechlichkeit der Prüfungen garantieren. Die Heime können auch selbst nach Kontrolleuren suchen, diese müssen aber dieselben Standards erfüllen und sollen die offiziellen MDS-Prüfungen auch nicht ganz ersetzen. Heime mit gravierenden Mängeln sollen postwendend Auflagen erhalten. Im Extremfall können Heime binnen weniger Stunden geschlossen werden.

Manche Heimbetreiber kritisieren die Prüfungen auf Kosten der Beitragszahler als zu teuer schließlich sind die Pflegekassen ohnehin angespannt, der Bedarf steigt aber in den kommenden Jahren weiter. Doch die Prüfungen sollen kein Schnickschnack sein, sondern an der Wurzel manchen Übels in der Pflege ansetzen. Vor zwei Jahren - neue Daten gibt es nicht stellten die Prüfer bei etwa jedem dritten Pflegebedürftigen Defizite bei Ernährung und Versorgung mit Flüssigkeit fest. 35 Prozent der Heimbewohner wurden nicht häufig genug umgebettet. Der MDS verwahrte sich zwar dagegen, in all diesen Fällen immer von Schlamperei zulasten der Alten auszugehen. Dennoch erfüllte der Bericht viele mit Sorge, die auf Heimsuche waren. Gesundheitsgefährdungen der Pflegebedürftigen wollten die Experten in vielen Fällen nicht ausschließen.

Mit den Prüfungen wird eine zentrale Vorgabe der jüngsten Pflegereform umgesetzt. Auch danach dürfte die Lage vieler Pflegebedürftiger schwierig bleiben. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) macht deshalb bereits Druck für eine nächste Reform. Sie will die vielen Demenzkranken, die heute bei der Pflegeversicherung leer ausgehen, besserstellen.