In der Spitzelaffäre bei der Bahn hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) den Druck auf Konzernchef Hartmut Mehdorn verstärkt. „Mich beunruhigt, dass Verstöße gegen den Datenschutz und sogar strafrechtlich relevante Vorgänge nicht ausgeschlossen werden können. Dies muss solide und schnell aufgeklärt werden“, sagte Tiefensee im Interview mit abendblatt.de. Bilder vom Bahn-Chef Hartmut Mehdorn.

abendblatt.de: Herr Minister, die Bahn ist wegen einer umfassenden Spitzelaffäre in die Schlagzeilen geraten. Über Jahre hat der Vorstand flächendeckend Daten von Mitarbeitern abgleichen lassen. Bahnchef Mehdorn hat sich inzwischen bei seinen Mitarbeitern entschuldigt. Ist die Affäre damit für Sie erledigt?

Wolfgang Tiefensee: Nein. Wir haben es mit einem enormen Imageverlust der Bahn nach außen und einer Vertrauenskrise innerhalb des Unternehmens zu tun. Die Bahn hat selbst auf Nachfrage zugeben müssen, dass sie neben den bereits bekannten Fällen selbst strafrechtliche Vorgänge im Unternehmen nicht ausschließen kann. Da können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Jetzt gilt es, die Aufträge umzusetzen, die zur Aufklärung der Affäre erteilt wurden. Wir haben dem Vorstand die Aufklärung aus der Hand genommen und Externen übertragen. Ich erwarte jetzt rasch und umfassend Aufklärung. Die Fakten müssen auf den Tisch, dann werden wir sie bewerten und dann handeln.

abendblatt.de: Es gab massive Rücktrittsforderungen gegen Mehdorn. Halten Sie an ihm fest? Tiefensee: Unabhängig von Herrn Mehdorn ist es zunächst notwendig , die Fakten auf den Tisch zu bekommen. Mich beunruhigt, dass Verstöße gegen den Datenschutz und sogar strafrechtlich relevante Vorgänge nicht ausgeschlossen werden können. Dies muss solide und schnell aufgeklärt werden. Dann wird man fragen müssen, wer Verantwortung trug und trägt. Und erst dann muss beurteilt und gehandelt werden.

abendblatt.de: Die Bahn steht auch wegen der Probleme mit den Radachsen der ICE-Züge in der Kritik. Erst im Sommer werden alle Züge nach den umfangreichen Untersuchungen wieder im normalen Betrieb fahren. Können Sie die Verärgerung der Bahn-Kunden verstehen?

Tiefensee: Ich kann den Ärger der Kunden sehr gut verstehen. In ausgedünnten Taktzeiten in überfüllten Zügen fahren zu müssen, ist kein Vergnügen. Ich kann nur an die Deutsche Bahn AG und an die Bahnindustrie appellieren, alles Erdenkliche zu tun, um schnell wieder ins normale Geschäft zu kommen.

abendblatt.de: Wie sicher ist eigentlich der ICE?

Tiefensee: Der ICE ist sicher. Darüber wacht das Eisenbahnbundesamt mit Argusaugen und mit allen zur Verfügung stehender Technik. Ich bin froh, dass das Eisenbahnbundesamt mit dem Verkehrsministerium darauf bestanden hat, die Prüfintervalle für die ICE so kurz zu halten, wie sie jetzt sind - entgegen den Wünschen der Deutschen Bahn. entgegen den Forderungen von Herrn Mehdorn. So können wir die Sicherheit nach allem menschlichen Ermessen gewährleisten.