Jagdszenen auf einer Autobahnraststätte. Vorwurf an die Polizei: Sie habe die Abfahrt der Rechtsextremen nicht kontrolliert. Jetzt wird mit Hochdruck wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Im Visier sind auch drei Schweden. Bilder der Demonstration in Dresden.

Dresden. Erst marschierten sie in Dresden auf, dann griffen sie Gegendemonstranten auf Autobahnraststätten an und schlugen sie krankenhausreif: Nach dem Neonazi-Überfall auf einen Gewerkschafter in Thüringen wird Kritik an den Sicherheitsbehörden laut. Der Bus der Rechtsextremisten war zwar unmittelbar nach der Tat von der Polizei gestellt worden. Weil die Schwere der Taten zunächst nicht bekannt war, durften sie nach Angaben des thüringischen Innenministers Manfred Scherer aber weiterfahren.

Polizei und Staatsschutz fahndeten mit Hochdruck nach den Tätern. Linkspartei und Grüne sprachen von Versäumnissen. DGB-Chef Michael Sommer forderte erneut ein NPD-Verbot. SPD-Chef Franz Müntefering sprach von einer "neuen Warnung an uns alle". Der Zentralrat der Juden in Deutschland bezeichnete den größten bundesweiten Neonaziaufmarsch seit langem als dramatisches Signal.

Der brutale Überfall von Neonazis auf eine Reisegruppe von Demonstranten hat die Proteste von 10 000 Menschen in Dresden gegen Rechtsextremismus überschattet. Mit Kundgebungen wandten sich die Teilnehmer gegen einen Aufmarsch von etwa 6000 Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet und dem Ausland. Rechtsextremisten versuchen seit Jahren, das Gedenken an die Zerstörung Dresdens bei Angriffen britischer und amerikanischer Bomber am 13. und 14. Februar 1945 für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Auf ihrer Rückfahrt aus Dresden wurden zwei Busse mit Gegnern des Neonazi-Aufmarsches auf einem Autobahn-Rastplatz in Ostthüringen von Rechtsextremisten überfallen. Teilnehmer einer 41-köpfigen Gruppe bekannter Neonazis schlugen laut Polizei auf die aus Hessen und Nordrhein-Westfalen stammenden Gewerkschafter, Friedensaktivisten und Mitglieder der Linkspartei ein und verletzten fünf Menschen.

Die Polizei war in Dresden mit einem Großaufgebot von rund 4300 Beamten aus mehreren Bundesländern im Einsatz. Man habe auf eine strikte Trennung der Aufzüge gesetzt, um Provokationen zu verhindern, teilte der Dresdner Polizeipräsident Dieter Hanitsch mit. 86 Personen wurden in Gewahrsam und drei vorläufig festgenommen. 30 Beamte wurden bei Auseinandersetzungen leicht verletzt.

Bei dem Angriff an der Raststätte hatten die Schläger nach Augenzeugenberichten einen der Demonstranten aus dem Bus gezerrt und auf den am Boden liegenden Mann gemeinsam eingetreten. Der Mann erlitt einen Schädelbruch.