Getagt wird in Straßburg, gespeist in Baden-Baden. Für den Schutz von 28 Staats- und Regierungschefs sollen 14 000 Polizisten sorgen.

Hamburg. Der Nato-Gipfel Anfang April in Straßburg und Baden-Baden wird den Oberrhein in den Ausnahmezustand versetzen. Allein die Polizei auf der deutschen Seite rüstet sich mit 14 000 Beamten bereits jetzt für einen ihrer größten Einsätze, wenn 28 Staats- und Regierungschefs mit ihren Außen- und Verteidigungsministern und dem Beraterstab anreisen - begleitet zudem von vermutlich mehreren Tausend Demonstranten. Die Frühlingstage um den 3. und 4. April werden ein Wochenende der Superlative, das Erinnerungen an den G8-Gipfel 2006 in Heiligendamm hervorruft.

Gemeinsam begrüßen Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Gäste zum 60-jährigen Bestehen des Bündnisses in Straßburg und Baden-Baden. Allein US-Präsident Barack Obama wird 1300 Mitarbeiter in seinem Gefolge haben. Es herrscht höchste Sicherheitsstufe. Schon beim Besuch des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush 2005 in Mainz konnten die Bewohner erleben, was das bedeutet: verschweißte Gullydeckel, abgehängte Fenster, überall Sicherheitsleute.

Nun besucht sein Nachfolger Obama die Nato-Tagung am Sonnabend in Straßburg, wo sich die Politiker im schmucklosen Kongresszentrum versammeln, und der US-Präsident speist in Baden-Baden im edlen Kurhaus Casino, wohin Bundeskanzlerin Angela Merkel die Gipfelteilnehmer am Freitag zu einem Essen eingeladen hat. Am Sonnabendmorgen geht er mit seinen Amtskollegen über die symbolträchtige Europabrücke zwischen Kehl und Straßburg, wo das sogenannte Familienfoto aller Teilnehmer gemacht wird.

Gleichzeitig rufen Linksextremisten bereits unter dem Motto: "Dieses Treffen der Kriegsstrategen werden wir nicht ungestört über die Bühne gehen lassen!" zu Protesten auf. Busse aus ganz Europa sollen die Anhänger zur Demonstration am Sonnabend, dem 4. April, nach Straßburg bringen. Auch die NPD hat im Bereich der Tagungen eine Demonstration angemeldet. Auf der französischen Seite ist eine kurdische Demonstration angemeldet. Die Region wird einen wahren Ansturm von mehreren Tausend Menschen erleben. Zudem beginnen an dem Wochenende in neun Bundesländern die Osterferien.

Die Polizei hat deswegen nach Abendblatt-Informationen bereits an die Staats- und Regierungschefs appelliert, per Hubschrauber umherzureisen, um das ohnehin große Verkehrsaufkommen zu entlasten. Die Gipfelteilnehmer werden in Straßburg und Baden-Baden übernachten und zu den Treffen gebracht werden müssen. Allein die Kurstadt rechnet mit 3500 Gästen. Durch das betroffene Gebiet führt die viel befahrene A 5, die nicht komplett gesperrt werden soll. Der Rhein wird aber teilweise für den Schiffsverkehr gesperrt. Für die Polizei in Baden-Württemberg ist das der größte Einsatz ihrer Geschichte. Landesinnenminister Heribert Rech (CDU) rechnet mit Kosten von mehr als 50 Millionen Euro. 6000 Polizisten kann er selbst aufbieten, der Rest reist aus anderen Bundesländern an.

Auch die eingesetzten Polizisten sollen in Hotels untergebracht werden. Damit dürfte zwischen Karlsruhe und Freiburg an dem Wochenende kein Zimmer mehr zu bekommen sein. Wie vor dem Hintergrund auch noch die randaleverdächtigen Fußballspiele in der Region Karlsruher SC gegen Borussia Mönchengladbach, SC Freiburg gegen Rot-Weiß Ahlen und VfR Aalen gegen Dynamo Dresden polizeilich begleitet werden sollen, erscheint unklar.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat deswegen den Deutschen Fußball-Bund gebeten, die Spiele ausfallen zu lassen. "Die Polizei überschreitet sonst die Grenzen der Belastbarkeit", sagte der GdP-Chef Konrad Freiberg dem Abendblatt. Er appellierte auch an die Gerichte, die möglicherweise über Demonstrationsverbote entscheiden müssen: "Die Richter sollten die angespannte Personallage der Polizei mit berücksichtigen."

Die ersten Gäste zum Nato-Gipfel werden bereits am Donnerstag, den 2. April, aus London kommend anreisen. Dort treffen sich die Staatsoberhäupter der G20 zuvor zum Weltfinanzgipfel. Ob danach Obama nach Berlin weiterreist, ist noch nicht bekannt.