Der Entwicklungsminister hatte bei einer Dienstreise privat einen Teppich erworben und ihn am Zoll vorbei kostenlos nach Berlin bringen lassen.

Berlin. Die Teppich-Affäre von Entwicklungsminister Dirk Niebel hat nun auch den Bundestag beschäftigt. Der FDP-Politiker entschuldigte sich am Mittwoch vor dem Parlament für den „Fehler“, den er selbst zu verantworten habe. „Niemand ärgert sich über diesen Vorgang mehr als ich“, sagte Niebel. Trotz der Entschuldigung forderte die Opposition Niebel zum Rücktritt auf. Der Minister sei nicht mehr tragbar und solle zurücktreten, sagte der SPD-Abgeordnete Sascha Raabe am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Bundestags. Raabe warf Niebel zudem „Vetternwirtschaft“ in seinem Ministerium vor. Dort würden Leitungsfunktionen durchweg mit eingeschriebenen FDP-Mitgliedern besetzt.

Niebel hatte bei einer Dienstreise nach Afghanistan privat einen Teppich für umgerechnet 1100 Euro erworben und ihn am Zoll vorbei kostenlos nach Berlin bringen lassen. Transportiert wurde der Einkauf von Kabul aus im Mai an Bord eines Flugzeugs von BND-Chef Gerhard Schindler. Erst als dies bekanntgeworden war, hatte der FDP-Politiker eine nachträgliche Verzollung beantragt.

Durch die Affäre sieht die SPD zudem das Ansehen des Bundesnachrichtendienstes (BND)beschädigt. „Der Teppichschmuggel ist das eine, dass der BND für private Zwecke missbraucht wurde, ist schlimmer“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, am Mittwoch in Berlin. Der BND war nach eigenen Angaben davon ausgegangen, dass es sich um ein zollfreies Gastgeschenk handelte. Niebel war mit einem Linienflug nach Kabul gekommen.

Oppermann sagte, bis vor einigen Wochen hätte noch niemand wissen dürfen, dass der BND überhaupt über das Flugzeug verfüge. In Geheimdienstkreisen werde bereits über den „Bundes-Nachsende-Dienst“ gespottet, bei dem „der Präsident die Sachen persönlich ausliefert“. Die Affäre sollte am Mittwochnachmittag in einer Aktuellen Stunde des Bundestages zur Sprache kommen.

In der FDP erfährt Niebel dagegen breite Rückendeckung von Vizekanzler und Parteichef Philipp Rösler. „Dirk Niebel hat einen Fehler eingestanden, den er korrigiert“, sagte Rösler der Tageszeitung "Die Welt“. „Er hat sich klar und deutlich erklärt.“ Rücktrittsforderungen der Opposition trat der Bundeswirtschaftsminister entgegen. „Dirk Niebel hat das Vertrauen der gesamten FDP“, sagte er der Zeitung.

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CSU-Chef Horst Seehofer hält sich mit einer Bewertung der Affäre dagegen zurück. Seehofer sagte am Montag in München, er habe zu dem Vorgang zwar „eine Meinung, aber nicht die Kraft, sie zu äußern“. Es gebe wichtigere Probleme. Der bayerische Ministerpräsident fügte hinzu: „Trotzdem muss das rechtmäßig sein und korrekt, das ist doch völlig klar.“

Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte, die Zusammenarbeit zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Niebel sei trotz dessen Affäre nicht beeinträchtigt – sie „ist gut und wird gut bleiben“, sagte er. Niebel habe am Wochenende erkennen lassen, dass er „das Versäumte umfassend nachholen wird“. Der Minister hält die Affäre mit seinem Antrag auf nachträgliche Verzollung des Teppichs für erledigt.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte dagegen: „Das kann man als Bundesminister in Deutschland nicht machen. Das ist auch mittlerweile nicht mehr lustig.“ Der SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe hält sogar den Rücktritt Niebels für überfällig: „Als Bundesminister, der im Ausland für gute Regierungsführung wirbt, ist Dirk Niebel nicht mehr tragbar“, sagte Raabe der „Rheinischen Post“ (Montag).

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wies die Rücktrittsforderung zurück. Von dem Minister sei das Erforderliche gesagt worden, als er seinen Fehler eingeräumt und dessen Bereinigung angekündigt habe. An die Opposition gewandt sagte Gröhe: „Bleiben Sie auf dem Teppich.“

Die „Financial Times Deutschland“ (Montag) berichtete unterdessen, Niebel hätte für Transport und Zoll 4040 Euro zahlen müssen. Nach Angaben des Logistikunternehmens DHL koste der Transport eines neun Quadratmeter großen, aufgerollten Teppichs von Kabul nach Berlin 3840 Euro.

Eine Sprecherin des Entwicklungsministeriums hielt diese Berechnung für überzogen. Sie wies darauf hin, dass der Teppich vermutlich ohne Aufpreis im Flieger direkt hätte mitgenommen werden können. Wegen mehrmaligen Umsteigens wäre dies aber logistisch gesehen kompliziert geworden.

Mit Material von epd, dpa und dapd