In einer Aktuellen Stundedes Bundestages verlangt die Opposition weitere Auskünfte über die genauen Umstände des Transports von Afghanistan nach Deutschland.

Berlin. Durch die Teppich-Affäre von Entwicklungsminister Dirk Niebel sieht die SPD das Ansehen des Bundesnachrichtendienstes (BND)beschädigt. „Der Teppichschmuggel ist das eine, dass der BND für private Zwecke missbraucht wurde, ist schlimmer“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, am Mittwoch in Berlin. BND-Chef Gerhard Schindler hatte in seinem Flugzeug einen von Niebel privat in Kabul gekauften Teppich nach Deutschland mitgenommen, den Niebel erst nach Medienberichten verzollte. Der BND war nach eigenen Angaben davon ausgegangen, dass es sich um ein zollfreies Gastgeschenk handelte. Niebel war mit einem Linienflug nach Kabul gekommen.

Oppermann sagte, bis vor einigen Wochen hätte noch niemand wissen dürfen, dass der BND überhaupt über das Flugzeug verfüge. In Geheimdienstkreisen werde bereits über den „Bundes-Nachsende-Dienst“ gespottet, bei dem „der Präsident die Sachen persönlich ausliefert“. Die Affäre sollte am Mittwochnachmittag in einer Aktuellen Stunde des Bundestages zur Sprache kommen.

Die Teppich-Affäre ist am heutigen Mittwoch auch ein Thema im Bundestag. In einer Aktuellen Stunde verlangt die Opposition weitere Auskünfte über die genauen Umstände des Transports. Der FDP-Politiker hatte den Teppich für umgerechnet 1100 Euro erworben und nach Deutschland bringen lassen. Erst als dies bekannt geworden war, hatte Niebel eine nachträgliche Verzollung beantragt. Die Staatsanwaltschaft in Potsdam prüft derzeit ein mögliches strafbares Verhalten des Ministers.

Niebel erfährt in der FDP breite Rückendeckung von Vizekanzler und Parteichef Philipp Rösler. „Dirk Niebel hat einen Fehler eingestanden, den er korrigiert“, sagte Rösler der Tageszeitung "Die Welt“. „Er hat sich klar und deutlich erklärt.“ Rücktrittsforderungen der Opposition trat der Bundeswirtschaftsminister entgegen. „Dirk Niebel hat das Vertrauen der gesamten FDP“, sagte er der Zeitung.

+++ Staatsanwaltschaft prüft Dirk Niebels Teppich-Affäre +++

+++ Teppich-Affäre: Ermittler prüfen Anfangsverdacht +++

Am Montag hatte der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sascha Raabe, Niebels Rücktritt gefordert: „Als Bundesminister, der im Ausland für gute Regierungsführung wirbt, ist Dirk Niebel nicht mehr tragbar“, sagte er. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte einen Bericht der Bundesregierung „über alle Umstände der Affäre“. Er wolle vor allem wissen, „wie und auf wessen Geheiß der BND, dessen Präsident und die Kabuler Botschaft an Beschaffung, Transport und Einfuhr des Teppichs mitwirkten und ob dabei unter Umständen Straftaten begangen wurden“, erklärte Ströbele am Montag.

CSU-Chef Horst Seehofer hält sich mit einer Bewertung der Affäre dagegen zurück. Seehofer sagte am Montag in München, er habe zu dem Vorgang zwar „eine Meinung, aber nicht die Kraft, sie zu äußern“. Es gebe wichtigere Probleme. Der bayerische Ministerpräsident fügte hinzu: „Trotzdem muss das rechtmäßig sein und korrekt, das ist doch völlig klar.“

Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte, die Zusammenarbeit zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Niebel sei trotz dessen Affäre nicht beeinträchtigt – sie „ist gut und wird gut bleiben“, sagte er. Niebel habe am Wochenende erkennen lassen, dass er „das Versäumte umfassend nachholen wird“. Der Minister hält die Affäre mit seinem Antrag auf nachträgliche Verzollung des Teppichs für erledigt.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte dagegen: „Das kann man als Bundesminister in Deutschland nicht machen. Das ist auch mittlerweile nicht mehr lustig.“ Der SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe hält sogar den Rücktritt Niebels für überfällig: „Als Bundesminister, der im Ausland für gute Regierungsführung wirbt, ist Dirk Niebel nicht mehr tragbar“, sagte Raabe der „Rheinischen Post“ (Montag).

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wies die Rücktrittsforderung zurück. Von dem Minister sei das Erforderliche gesagt worden, als er seinen Fehler eingeräumt und dessen Bereinigung angekündigt habe. An die Opposition gewandt sagte Gröhe: „Bleiben Sie auf dem Teppich.“

Die „Financial Times Deutschland“ (Montag) berichtete unterdessen, Niebel hätte für Transport und Zoll 4040 Euro zahlen müssen. Nach Angaben des Logistikunternehmens DHL koste der Transport eines neun Quadratmeter großen, aufgerollten Teppichs von Kabul nach Berlin 3840 Euro.

Eine Sprecherin des Entwicklungsministeriums hielt diese Berechnung für überzogen. Sie wies darauf hin, dass der Teppich vermutlich ohne Aufpreis im Flieger direkt hätte mitgenommen werden können. Wegen mehrmaligen Umsteigens wäre dies aber logistisch gesehen kompliziert geworden.

Mit Material von epd, dpa und dapd