NRW-Ministerpräsidentin hält sich eine eigene Kandidatur offen. “Wir wollen nicht Platz zwei verteidigen“, gibt sie die Marschroute vor.

Hamburg. Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Hannelore Kraft hat zurückhaltend auf den Vorschlag von Parteichef Sigmar Gabriel reagiert, den nächsten Kanzlerkandidaten in einer Vorwahl nach amerikanischem Vorbild zu bestimmen. „Es sollte nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein, eine Vorwahl möglich zu machen. Sie sollte aber nicht zwingend werden“, sagte die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen im Interview mit dem Abendblatt (Dienstagsausgabe). Es sei „auch wichtig, unsere Mitgliedschaft zu stärken. Wer SPD-Mitglied ist, erwartet zu Recht einen Mehrwert.“ An einer Vorwahl zur Kanzlerkandidatur sollen nach Gabriels Vorstellung auch Nichtmitglieder teilnehmen.

Die SPD habe „viele gute Kandidaten“, betonte Kraft. Zu eigenen Ambitionen sagte die Regierungschefin: „Ich habe einen klaren Fokus auf Nordrhein-Westfalen. Wir haben hier eine Minderheitsregierung. Die nächsten Wahlen, wann immer sie stattfinden, möchte ich gewinnen.“ Auf die Nachfrage, ob sie eine Kandidatur ausschließe, sagte sie: „Wir sind überhaupt noch nicht bei der Kanzlerkandidatur. Das werden wir alles in Ruhe im nächsten Jahr überlegen.“

Die Vizevorsitzende der SPD will ihre Partei wieder zu alter Stärke führen. „Wir wollen nicht Platz zwei verteidigen. Wir wollen den Spitzenplatz im Parteiensystem zurückholen“, betonte sie. Den Wahlausgang in Baden-Württemberg, wo die SPD von den Grünen auf Platz drei verdrängt worden war, nannte die Ministerpräsidentin „eine Sondersituation“. Themen wie Stuttgart 21 oder Fukushima hätten „eher bei den Grünen eingezahlt“. Doch würden die sozialen und wirtschaftlichen Fragen wieder in den Vordergrund treten. Mit dem Bundesparteitag im Dezember werde die SPD überzeugende Antworten geben.

Indirekte Kritik äußerte Kraft an Parteichef Gabriel und seiner Generalsekretärin Andrea Nahles. „Wir arbeiten in der gesamten Spitze vertrauensvoll zusammen", sagte sie auf die Frage, wie sie das Führungsduo bewerte. "Aber es gibt nichts, was man nicht verbessern könnte.“ Konkretisieren wollte sie ihre Bemerkung allerdings nicht. "Das klären wir intern", sagte sie.