Merkel will den Fiskalpakt mit Sparanreizen erweitern. Zugleich lehnt sie ein „Wachstum auf Pump“ zur Überwindung der Euro-Krise strikt ab.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für eine Ergänzung des europäischen Fiskalpakts für mehr Haushaltsdisziplin um Wachstums-Anreize offen gezeigt. „Der Abbau der Verschuldung und die Stärkung von Wachstum und Beschäftigung sind die beiden Säulen der Strategie“, sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung zu den bevorstehenden Gipfeltreffen führender Industrienationen und der Nato in den USA. Zugleich lehnte sie ein „Wachstum auf Pump“ zur Überwindung der Euro-Krise strikt ab.

„Wachstum durch Strukturreformen, das ist sinnvoll, das ist wichtig, das ist notwendig“, sagte Merkel. Ein „Wachstum auf Pump“ würde Europa jedoch an den Anfang der Krise zurückwerfen. „Deshalb dürfen und deshalb werden wir das nicht machen.“ Die Kanzlerin bekräftigte, die Überwindung der Krise werde ein „langer, anstrengender Prozess“ sein.

Im Mittelpunkt des Nato-Gipfels in Chicago am 20. und 21. Mai wird der Abzug der internationalen Kampftruppen aus Afghanistan bis 2014 stehen. Zudem geht es um den Aufbau eines Raketenabwehrsystems in Europa. Zuvor kommen am 18. und 19. Mai die Staats- und Regierungschefs aus den USA, Russland, Japan, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland (G8) in Camp David zusammen.

Grüne drohen den Fiskalpakt scheitern zu lassen

Die Grünen haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) derweil mit einem Scheitern des europäischen Fiskalpakts in Deutschland gedroht. „Der Fiskalpakt ist kein Meilenstein, wie Frau Merkel immer behauptet“, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Bundesregierung brauche für die Ratifizierung der Vereinbarung für mehr Haushaltsdisziplin eine Zwei-Drittel-Mehrheit. „Ohne die Grünen-Länder bekommt sie die nicht“, sagte Trittin. „Angela Merkel muss sich auf die Grünen zubewegen oder sie fährt ihr Projekt vor die Wand.“

Fast alle Elemente des Pakts seien bereits im EU-Gemeinschaftsrecht geregelt. „Viel wichtiger sind Maßnahmen zur Besteuerung der Finanzmärkte, Initiativen für mehr Investitionen und zum Abbau der Altschulden“, sagte Trittin. „Wir brauchen einen europäischen Schuldentilgungspakt wie ihn die Wirtschaftsweisen vorgeschlagen haben.“ Trittin forderte zudem Zinserleichterungen für Bundesländer durch Deutschlandbonds.

Trittin rief die Bundesregierung zu einem Neuanfang der deutsch-französischen Beziehungen auf. So solle Merkel Frankreichs neuem Präsidenten François Hollande vorschlagen, den Pakt gemeinsam zu ratifizieren. „Das geht erst im Herbst“, erläuterte er.

Zudem sollten Merkel und Hollande gemeinsam die Initiative für eine Finanztransaktionssteuer ergreifen. „Wenn Deutschland diesen Weg gemeinsam mit Frankreich geht, würden wir sehr schnell Bündnispartner in ganz Europa finden.“ So könne Spielraum geschaffen werden für die nötigen Investitionen in den von der Krise gebeutelten EU-Staaten - auch ohne neue Schulden.Trittin warf der Kanzlerin Heuchelei vor. „Frau Merkel predigt dem Rest Europas Wasser und säuft Wein“, sagte er. „Deutschland unter Schwarz-Gelb erwartet von anderen europäischen Ländern, dass sie auch in der Krise sparen.“ Deutschland spare selbst nach der heimischen Krise nicht. Seit der Finanzkrise 2008 steige die Staatsverschuldung von 63 Prozent auf im nächsten Jahr 84 Prozent.

Trittin rief zur raschen Ratifizierung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM auf. Der Fiskalpakt solle dagegen erst ratifiziert werden, wenn die offenen Fragen geklärt seien und er um Wachstumsmaßnahmen ergänzt worden sei. „Zwischen der Ratifizierung von ESM und Fiskalpakt gibt es kein Junktim.“ Die Koalition will beides gemeinsam machen.