Die Vorstellung, die erste schwarze First Lady an der Seite eines halb schwarzen Präsidenten zu werden, müsste selbst ihr, einer Frau von enormem...

Chicago. Die Vorstellung, die erste schwarze First Lady an der Seite eines halb schwarzen Präsidenten zu werden, müsste selbst ihr, einer Frau von enormem Selbstbewusstsein, den Atem nehmen. Michelle Obama (44) hat in Princeton studiert, sie hat sich in Harvard zur Juristin ausbilden lassen, sie hat immer gearbeitet, auch nach der Geburt der Mädchen Sasha (7) und Malia (10), und lange mehr verdient als ihr Mann. Würde die Politik sie reizen, sie stünde Barack kaum nach.

Unverblümt, wie es ihre Art ist, hatte sie früh im Wahlkampf ihr Rollenverständnis erläutert: "Wir sind, wie wir sind. Ich habe eine laute Klappe, ich ziehe meinen Mann auf. Er ist unglaublich smart, und er ist sehr wohl in der Lage, mit einer starken Frau umzugehen. Mit mir klarzukommen ist einer der Gründe, warum er zum Präsidenten taugt." Man sollten von ihr nicht die süßliche Rhetorik eines Damenprogramms erwarten.

Niemand kann sie übersehen, wenn sie einen Raum betritt. Fast 1,80 Meter groß, durchtrainiert, breitschultrig, herb in ihrer Attraktivität. Ein Zug von "Don't mess with me" (Leg dich nicht mit mir an) um den Mund, leidenschaftliche Intelligenz in den Augen. Ihre kleinbürgerliche Herkunft aus Chicagos South Side - ihr Vater, der mit 30 an multipler Sklerose erkrankte, arbeitete bei den Wasserwerken, zuletzt unter Qualen; er starb wenige Monate nach der Hochzeit 1990 - hat sie stolz gemacht und, unter einer Panzerung, warmherzig gelassen. Sie glaubt an Arbeit, an Familie, an Glauben, an sich. Sie ist eine Frau, die keinen Mann braucht, der eine Frau braucht.

Michelle Obama rühmt ihn als "guten Mann, meinen besten Freund und phänomenalen Vater". Sie gibt dem allseits Angehimmelten Erdenschwere, die er mitten in der manchmal kultischen Verehrung braucht. Am Ende sei er zu Hause doch nur ein Mann, der nicht die Butter in den Kühlschrank zurückstelle, spottete sie noch vor Monaten.

Das kam nicht überall gut an. Nicht genug Würde, hieß es. Als komme Würde von Unterwürfigkeit. Michelle Obama ist nicht der Typ "Trophäenfrau", die bei Reden ihres Mannes begeistert lächelnd, nickend, applaudierend, artig die Augen aufschlagend auf der Bühne verharrt - ein Accessoire der Macht. Aber auch sie kenne Furcht, gestand sie in einer Rede, die später mehr als 100 000-mal auf YouTube angeklickt wurde. Furcht, dass Barack verlieren könnte, dass ihm oder der Familie etwas zustoßen könnte. Sie weiß wohl, dass Alma Powell einst ihren Mann Colin von der Kandidatur abbrachte, weil sie um sein Leben bangte. Ein Schwarzer könne in Amerika auch an einer Tankstelle erschossen werden. Aber, sagt Michelle Obama, sie weigere sich, sie sei es leid, sich zu fürchten. So wie Amerika es leid sei: "Wir sind in diesem Krieg, weil wir seit acht Jahren erzählt bekommen, wir sollen uns fürchten." Manchmal vergisst man in der Dramatik dieser Tage, wie harmlos alles begann. Michelle Robinson arbeitete nach ihrem Abschluss in Harvard 1988 in der Chicagoer Kanzlei Sidley and Austin, als ihr ein Sommerhospitant mit seltsamem Namen zur Betreuung angedient wurde. Barack Obama, zwei Jahre älter als Michelle, warb früh um sie und lange vergeblich. Sie hatte anderes zu tun, und es schickte sich nicht in der Firma. Erst als sie erlebte, wie der Lokalpolitiker Obama das Vertrauen der Schwarzen ihrer South Side gewann, ließ sie sich erweichen: "Die Leute fanden etwas Authentisches und Echtes in dem, was er sagte. Und mir ging es ebenso."

Es scheint, sie verliebte sich in den politischen Redner, bevor sie sich in den Mann verliebte. Sie redigiert seine wichtigen Reden, sie testet seine Ideen an sich. Michelle war, ohne je Märchen der Macht zu träumen, früher auf die Rolle der First Lady vorbereitet als er auf die Präsidentschaft: "Ich habe alles durchdacht, und wir haben alles besprochen, was in diesem Wahlkampf schiefgehen kann. Und ich bin bisher nicht überrascht worden, weder im Guten noch im Bösen."