Hunderte Sudanesen setzen Gesandtschaft in Khartum in Brand. Protestwelle wegen Mohammed-Video in der ganzen islamischen Welt

Khartum/Berlin. Jetzt richtet sich der Aufruhr in der islamischen Welt auch gegen Deutschland: Aus Empörung über das in Amerika hergestellte Schmähvideo gegen Mohammed haben Hunderte radikaler Muslime am Freitag die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum angegriffen. Die wütende Menge kletterte über die Mauer und setzte das Gebäude teilweise in Brand. Demonstranten zerrissen die deutsche Flagge, andere montierten das deutsche Hoheitsschild ab und traten es mit Füßen. Die sudanesische Polizei setzte Tränengas ein und konnte die Angreifer nur mit Mühe zurückdrängen. Von den Diplomaten wurde niemand verletzt. Botschafter Rolf Welberts und seine Mitarbeiter hatten das Gebäude rechtzeitig verlassen.

Auch die benachbarte britische Botschaft in Khartum wurde attackiert. Anschließend zogen die Demonstranten zur amerikanischen Gesandtschaft. Dort kam es zu heftigen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Gewehrfeuer war zu hören. Nach Informationen des TV-Senders al-Arabija wurde ein Mensch getötet.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bestellte den sudanesischen Botschafter ein und verurteilte den Überfall scharf. Die Regierung in Khartum sei dafür verantwortlich, die Sicherheit der Botschaft zu gewährleisten und deren Integrität wiederherzustellen. Es sei ein großes Glück, dass kein Botschaftsangehöriger zu Schaden gekommen sei. Westerwelle ging auch auf den in Amerika produzierten Film ein, in dem der Prophet Mohammed als Mörder und Kinderschänder dargestellt wird. Das Video sei zwar "schändlich" und verletze die "Gefühle von Millionen Menschen". Das sei jedoch keine Rechtfertigung für Gewalt, die Erstürmung von Botschaften oder die Tötung von Menschen.

Die sudanesische Regierung hatte den Film vor den Ausschreitungen vehement kritisiert. Das millionenfach im Internet heruntergeladene Video sei "ein aggressiver Vorgang, um Muslime aufzuhetzen und Anhänger verschiedener Religionen zu ungerechtfertigter Feindschaft anzustacheln", hieß es. Eine islamische Organisation im Sudan griff zudem Deutschland an, weil Berliner Moscheen mit Kopien der umstrittenen Mohammed-Karikaturen "entweiht" worden seien.

Bei den anti-westlichen Protesten wegen des Mohammed-Videos sind bisher mindestens zehn Menschen getötet worden. Außer im Sudan kam es am Freitag auch in vielen anderen islamischen Ländern zu neuen schweren Ausschreitungen. In Tunis erstürmten Demonstranten am Nachmittag die amerikanische Botschaft. Über dem Gebäude stieg eine schwarze Rauchwolke auf. Sicherheitskräfte versuchten mit Tränengas und Warnschüssen, die Menge zurückzuhalten. Die Menschen riefen "Allahu Akhbar" (Gott ist groß) und schwenkten schwarze Fahnen des Dschihad. Am Abend hieß es, drei Demonstranten seien getötet worden. Auch der erste Tag des Papst-Besuches im Libanon wurde von einem Gewaltausbruch überschattet. Kurz nach der Ankunft von Benedikt XVI. in Beirut griffen Hunderte Muslime in der Hafenstadt Tripoli eine Filiale der US-Imbisskette Kentucky Fried Chicken an und setzten sie in Brand. Zudem rissen Demonstranten Transparente herunter, die den Papst willkommen hießen, und skandierten Parolen wie "Wir wollen den Papst nicht". Beim Eingreifen der Polizei kam ein Mensch ums Leben, es gab mindestens 15 Verletzte.

In Deutschland reagierten die meisten Muslime verständnislos auf die Ausschreitungen. In den Moscheen riefen Imame beim Freitagsgebet vielerorts dazu auf, die Gewalt sofort zu stoppen. Der Zentralrat der Muslime warnte, Scharfmachern ein Forum zu bieten: "Hier versuchen Extremisten, die Situation zu instrumentalisieren." Der Deutsche Islamrat sprach von einer "besorgniserregenden Lage". Außenminister Westerwelle mahnte Deutsche in islamischen Ländern zur Vorsicht. Sie sollten Menschenmassen meiden.