Mario Monti sieht die EU in ihrer Existenz bedroht. Bayerns Finanzminister Söder fordert den Austritt Griechenlands aus der Eurozone.

Berlin. Angesichts der Eurokrise sieht der italienische Ministerpräsident Mario Monti die Europäische Union in ihrer Existenz bedroht. „Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Eurozone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Wie zum Beweis für die zunehmenden Konflikte forderte der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) am Wochenende den Austritt Griechenlands aus dem Euro bis Ende des Jahres. Teile der Union und der Opposition reagierten entsetzt.

++++Draghi gibt die Euro-Antwort mit viel Pathos+++++

Monti erklärte, wenn der Euro zu einem Faktor des europäischen Auseinanderdriftens werde, „dann sind die Grundlagen des Projekts Europa zerstört“. Er empfahl seinen europäischen Amtskollegen, sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten zu bewahren: „Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration.“

Gegen mehr Macht der europäischen Regierungen zulasten der Parlamente sprachen sich umgehend FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle und Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) aus. Brüderle sagte dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe), Europa brauche tief greifende Reformen. Meister sagte dem Blatt: „Wir brauchen in Europa nicht weniger, sondern mehr Demokratie.“ Es sei eben gerade nicht notwendig, die nationalen Regierungen zu stärken, sondern es müsse ein „Europa der Millionen geben und nicht der wenigen Regierungsvertreter“.

In eine ähnliche Richtung zielte auch ein Beitrag der Philosophen Jürgen Habermas und Julian Nida-Rümelin sowie des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger in der „FAZ“. Sie forderten mehr Macht für Brüssel zulasten der einzelnen EU-Staaten und die Einberufung eines Verfassungskonvents in Deutschland. Nur mit einer Vertiefung der europäischen Integration lasse sich die derzeitige Krise überwinden und Europas Einfluss in der Welt sichern.

Söder: „An Athen muss ein Exempel statuiert werden, dass diese Eurozone auch Zähne zeigen kann“

Söder sorgte derweil mit seiner harten Haltung gegenüber Griechenland für Aufsehen. „Jede neue Hilfsmaßnahme, jede Lockerung der Auflagen wäre der falsche Weg“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „An Athen muss ein Exempel statuiert werden, dass diese Eurozone auch Zähne zeigen kann.“ Athen weiteres Geld zu geben, sei wie Wasser in der Wüste zu vergießen. „Der wirtschaftliche Schaden für Deutschland ist auf Dauer viel größer, wenn Griechenland im Euro bleibt.“

Meister wies die Forderungen Söders empört zurück. „Das ist eine Entscheidung, die die griechische Regierung zu treffen hat und das Letzte, was man da braucht sind Ratschläge aus Deutschland“, sagte der CDU-Politiker dem „Tagesspiegel“. Eine Austrittsdebatte sei schädlich und trage nicht zur Lösung der Probleme bei.

Die Vizechefin der Linken, Sahra Wagenknecht, warnte in der „Bild am Sonntag“ vor einem Austritt Athens aus der Gemeinschaftswährung. „Hätte die Bundesregierung Griechenland vor zwei Jahren bankrottgehen lassen, hätten Banken und Hedgefonds geblutet. Jetzt blutet der Steuerzahler.“

Unterdessen berichtete die „Welt“, die Europäische Zentralbank habe einen Bankrott Griechenlands offenbar vorerst abgewendet. Der EZB-Rat habe in seiner Sitzung am Donnerstag eine Zwischenfinanzierung Athens mit zusätzlichen Notkrediten der griechischen Zentralbank über bis zu vier Milliarden Euro sichergestellt.

Widerstand gegen Eurorettung

Gegen die Eurorettung formiert sich indes Widerstand in beispielloser Größe. Knapp 36.000 Bundesbürger hätten Vertretungsvollmachten für die von ihr vertretenen Verfassungsklagen gegen die umstrittenen Verträge zur Eurorettung unterzeichnet, sagte die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) der „Augsburger Allgemeinen“. Damit gilt die von zahlreichen Organisationen unterstützte Verfassungsbeschwerde des Vereins „Mehr Demokratie“ als größte Massenverfassungsklage in der Geschichte der Bundesrepublik. (dapd)