Angesichts der angespannten Haushaltslage kürzte sich die neue Regierung unter Präsident Hollande die Gehälter um 30 Prozent.

Paris. Mit einer symbolträchtigen Geste hat die neue französische Regierung unter Präsident François Hollande ihre Arbeit aufgenommen. Das Kabinett kürzte sich am Donnerstag die eigenen Gehälter um 30 Prozent. Diesen Schritt hatte Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault bereits am Mittwochabend im Fernsehsender France-2 angekündigt: „Das setzt ein Beispiel.“ Zuvor hatte Staatspräsident Hollande seine neue Regierungsmannschaft vorgestellt, der erstmals in der französischen Geschichte genauso viele Frauen wie Männer angehören.

Infolge der Gehaltskürzung verdienen die Minister nun 9.940 statt 14.200 Euro vor Steuern monatlich. Der Präsident und sein Premier bekommen demnach künftig 14.910 statt 21.300 Euro monatlich vor Steuern und Sozialabgaben. Geld sparen will das Kabinett aber auch dadurch, dass seine Mitglieder häufiger den Zug anstelle des Flugzeuges nehmen.

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17 Männer und 17 Frauen nahm Hollande in das von Ayrault geführte Kabinett auf und erfüllte damit eines seiner Wahlversprechen. Außenminister – und damit Deutschlands erster Ansprechpartner – wird der erfahrene sozialistische Politiker Laurent Fabius, zum Innenminister ernannte er seinen persönlichen Berater Manuel Valls. Ein weiterer Freund Hollandes, Jean-Yves Le Drian, wird Verteidigungsminister. Der eher liberal gesinnte Sozialist Pierre Moscovici wird das Finanz- und Wirtschaftsministerium übernehmen.

Wie einige andere Mitglieder des Kabinetts auch verkörpert Valls die neue, sozialistische Politik in Paris. So wird der Kapitalismus-Kritiker Arnaud Montebourg das Industrie- und Aufbau-Ministerium führen, die dem linken Flügel zuzurechnende Nicole Bricq wird das Umwelt- und Energieministerium leiten und damit die erste Schließung eines französischen Atomkraftwerkes in Fessenheim an der Grenze zu Deutschland verantworten. Noch am Donnerstag wollte das Kabinett erstmals zusammentreten.

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Offenbar war die Auswahl schwieriger als gedacht: Der Élysée-Palast verschob die Ernennung der Ministerinnen und Minister mehrfach. Hollande muss wie jeder neue Staatschef sensibel bei der Verteilung der Posten vorgehen. Er muss seine Mitstreiter für ihr Engagement im Wahlkampf belohnen, er muss Männer und Frauen gleichermaßen berücksichtigen, und er muss ökologische, liberale, linke und konservative Strömungen in seiner Partei beachten.

Allen Interessen konnte er aber offenbar nicht gerecht werden: Überraschend wird die populäre sozialistische Parteichefin Martine Aubry nicht der Regierung angehören. Noch vor der Vorstellung des Kabinetts hatte sie ihren Rückzug bekannt gegeben. Offenbar wollte sie den Posten der Ministerpräsidentin – oder gar keinen. France 2 erklärte sie, die Entscheidung „in perfekter Übereinstimmung“ mit Hollande getroffen zu haben.

Bei den kommenden Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni wird Aubry indes eine entscheidende Rolle spielen. Sie versprach, die Regierung zu unterstützen und kündigte Wahlkampfauftritte mit Regierungschef Ayrault an. Bislang führen die Sozialisten in den Umfragen, weil sie im zweiten Wahlgang Allianzen mit der Linksfront und den Grünen schließen können, um die erforderliche absolute Mehrheit zu erreichen. Dann könnte auch Aubry wieder aufsteigen – in Frankreich sind Kabinettsumbildungen nach Wahlen durchaus üblich. (dapd/abendblatt.de)