Nach tagelangen blutigen Ausschreitungen ist am Wochenende der Druck auf den Militärrat gewachsen, die Macht endlich abzugeben.

Kairo/Port Said. Ein Jahr nach dem Sturz von Langzeitpräsident Husni Mubarak macht sich Ägypten für die Wahl eines neuen Präsidenten bereit. Nach tagelangen blutigen Ausschreitungen mit mindestens zwölf Toten ist am Wochenende der Druck auf den herrschenden Militärrat gewachsen, die Macht endlich abzugeben. Ein von den Generälen eingesetztes ziviles Beratergremium sprach sich dafür aus, die Anmeldung von Kandidaturen schon ab 23. Februar zuzulassen. Ursprünglich war der Beginn des Rennens um das Amt erst Mitte April und die Präsidentschaftswahl Mitte Juni vorgesehen.

+++ Bürgerkrieg im Fußballstadion +++
+++ Ex-Trainer Dörner: "Die Fans von Al-Masri sind extrem" +++

Auch der prominenteste Bewerber um die Präsidentschaft, Amre Mussa, pochte auf einen neuen Fahrplan. Die Wahl dürfe nicht später als Ende April stattfinden. Auch über den Mitteilungsdienst Twitter äußerte er sich besorgt über die aktuelle Situation. Die Stabilität des nordafrikanischen Landes sei gefährdet, betonte der ehemalige Chef der Arabischen Liga. Deshalb sei eine Übergabe der Macht an ein vom Volk gewähltes Staatsoberhaupt dringend notwendig.

Im Stadtzentrum Kairos kam es immer wieder zu massiven Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. In der Nacht zum Sonntag war nach Angaben des Staatsfernsehens ein Gebäude der Steuerbehörde nahe des Innenministeriums in Brand geraten. Noch am Sonntagmorgen lag eine Rauchwolke über dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo, wo vor einem Jahr die Proteste gegen Mubarak begonnen hatte. Diese führte schließlich zum seinem Sturz am 11. Februar 2011. Die Sicherheitskräfte setzten erneut Tränengas ein. Laut Medienberichten wurden mehrere Polizeiwachen überfallen.

Die jüngsten Krawalle waren am Donnerstagabend ausgebrochen, nachdem am Vortag bei einem Erstligaspiel in der Stadt Port Said bei Ausschreitungen 74 Menschen ums Leben gekommen waren. Fußballfans warfen der Polizei vor, nicht eingegriffen und weggeschaut zu haben, als Spieler und Anhänger des Kairoer Klubs Al-Ahli angegriffen wurden. Aktivisten und Menschenrechtler machen die Militärs verantwortlich. Gerüchte kamen auf, dass die Krawalle auf dem Spielfeld von bezahlten Schlägertrupps provoziert wurden, um Chaos zu stiften.

Viele Ausländer machen derweil einen Bogen um die ägyptische Hauptstadt. Ein Sprecher am internationalen Flughafen Kairo sagte, die Besucherzahlen, die nach dem Umsturz vor einem Jahr bereits deutlich gesunken waren, seien in den vergangenen Tagen noch einmal um etwa 40 Prozent gesunken.

(abendblatt.de/dpa)