Athen/Brüssel/Hamburg. Tsipras spricht am Mittwoch vor dem EU-Parlament. Wolfgang Schäuble: Schuldenschnitt rechtlich unmöglich. Alle News hier im Live-Blog.

Kann das eine Wende bringen im festgefahrenen Streit zwischen der griechischen Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras und dem Rest der Euro-Gruppe? Tsipras soll am Mittwoch im EU-Parlament reden, das bestätigte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Unterdessen hat nach dem überraschenden Rücktritt des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis der Wirtschaftsprofessor Evklidis Tsakalotos dessen Nachfolge angetreten. Kann er den Unterhändlern von Ministerpräsident Alexis Tsipras neue Glaubwürdigkeit einhauchen?

Am Dienstag trafen sich nun in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder, um über das weitere Vorgehen nach dem "Nein" des griechischen Volkes im Referendum gegen das Sparpaket der EU-Gläubiger zu beraten. Neue Vorschläge wurden nicht präsentiert. Abendblatt.de hält Sie mit einem Live-Blog auf dem Laufenden.

Hillary Clinton ruft zur Einigung mit Griechenland auf

Hillary Clinton hat die Europäer zur Einigung im Finanzstreit mit Griechenland aufgerufen. „Was in Griechenland geschieht, ist eine Tragödie“, sagte die Ex-US-Außenministerin und demokratische Präsidentschaftsbewerberin am Dienstag. Das Volk leide, Rentner hätten nicht mehr genügend Geld für Lebensmittel. Die Europäer sollten alles tun, um die Krise zu entschärfen. Griechenland sei ein wichtiger Partner. „Ich möchte eine Lösung sehen“, sagte Clinton am Rande ihres Vorwahlkampfes im Bundesstaat Iowa. Auch Präsident Barack Obama hatte sich bereits mehrfach für eine Lösung der Schuldenkrise eingesetzt.

Juncker: EU ist in Griechenland-Krise auf alles vorbereitet

In der Griechenland-Krise ist die EU-Kommission nach Worten ihres Präsidenten Jean-Claude Juncker auf alle Szenarien vorbereitet. Dies reiche vom Austritt des pleitebedrohten Griechenlands aus dem Euro-Währungsraum („Grexit“) bis hin zum Verbleib in der Euro-Zone.

„Wir haben ein Grexit-Szenario im Detail ausgearbeitet“, sagte Juncker am Dienstag nach dem Euro-Sondergipfel in Brüssel. „Wir haben ein Szenario, was die humanitäre Hilfe angeht. Und wir haben ein Szenario - und das ist auch mein Lieblingsplan - mit dem wir dem Problem Herr werden könnten und Griechenland im Euro-Währungsgebiet bleibt.“ Juncker betonte, er sei gegen ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro. Allerdings müsse Athen dafür Reformen zusagen und umsetzen.

Neuer Gipfel zu Griechenland am Sonntag

Die 28 EU-Staaten werden am Sonntag bei einem Sondergipfel über die Griechenland-Krise beraten. Das kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag nach Abschluss des Euro-Gipfels in Brüssel an. Die Europartner erwarteten, dass die griechische Regierung bis spätestens Donnerstag Vorschläge mache, wie ein Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM aussehen könne, sagte Merkel. Bisher seien die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen über ein Rettungsprogramm des ESM nicht gegeben.

Im Gespräch ist laut EU-Diplomaten ein Überbrückungskredit, damit Griechenland nicht schon im Juli zusammenbreche, sowie ein drittes Hilfspaket. Ein Betrag sei bisher nicht bekannt. Das Spitzentreffen endete nach knapp vier Stunden.

Pfiffe gegen Deutschland bei U19-EM in Griechenland

Vor Anpfiff des Fußballspiels zwischen Deutschland und Spanien bei der U19-Europameisterschaft in Griechenland hat es ein gellendes Pfeifkonzert gegen Deutschland gegeben. Während der deutschen Nationalhymne sowie auch nach Anpfiff des Spiels bei den ersten deutschen Ballkontakten hagelte es Pfiffe von empörten Fans angesichts der Schuldenkrise.

Tsipras telefoniert mit Obama

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat US-Präsident Barack Obama am Dienstag telefonisch über den neuesten Stand der Beratungen zur griechischen Schuldenkrise informiert. Dabei habe Tsipras Obama erklärt, dass Athen einen „Überbrückungskredit“ von seinen internationalen Geldgebern wünsche, bis eine nachhaltige Lösung des Problems erreicht sei, wie am Dienstagabend aus griechischen Regierungskreisen in Brüssel verlautete.

Obama habe seinerseits die Hoffnung geäußert, dass die Verhandlungen zwischen Athen und den Gläubigern bald erfolgreich abgeschlossen werden könnten, damit Griechenland im Euroraum bleibt. Tsipras hatte am Vormittag mit US-Finanzminister Jacob Lew über das gleiche Thema gesprochen.

Merkel erhöht Druck auf Tsipras

Unmittelbar vor dem Sondergipfel der Euroländer hat Kanzlerin Angela Merkel erneut mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und mit Frankreichs Präsident François Hollande gesprochen. An dem Treffen in Brüssel nahm auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teil. Merkel und Hollande erhöhten den Druck auf die griechische Regierung, eine Einigung zu erreichen. Es gehe "nicht mehr um Wochen, sondern um wenige Tage“, sagte Merkel. Allerdings gebe es noch immer keine Grundlage für Verhandlungen.

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Die Bundeskanzlerin pochte darauf, dass Griechenland Reformen umsetzen müsse, um neue Hilfen zu erhalten. Leistung und Gegenleistung gehörten „untrennbar zusammen“. „Ohne Solidarität und ohne Reformen ist der Weg, den wir zu gehen haben, nicht möglich.“ Man werde beim Gipfel hören, was der griechische Premier Alexis Tsipras zu sagen habe. Erst am Vorabend hatte Merkel in Paris mit Hollande über die Griechenland-Krise beraten.

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Varoufakis-Nachfolger kommt mit leeren Händen

Die Griechen haben in Brüssel wider Erwarten keine neuen Reformvorschläge eingereicht. Athen will aber einen neuen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM stellen. Griechenland habe bei dem Sondertreffen der Euro-Finanzminister am Dienstag zugestimmt, dass ein neuer Antrag mit glaubwürdigen Reformvorschlägen notwendig sei. Das berichteten Diplomaten. Die griechische Regierung wolle offensichtlich am Mittwoch einen solchen Antrag mit konkreten Vorschlägen vorlegen. Der neue griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos präsentierte bei dem Treffen seinen Amtskollegen keine schriftlichen Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise.

Alexis Tsipras kommt ins EU-Parlament

Kommt jetzt Bewegung in die Starre zwischen Athen und Brüssel? Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras will am Mittwochmorgen ins Plenum des EU-Parlaments nach Straßburg kommen. Das teilte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz über Twitter mit. Tsipras habe ihm das in einem Telefonat bestätigt.

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Reisekonzern TUI: Versorgung in den Hotels wie immer

Der Reisekonzern TUI weist darauf hin, dass die Versorgung in den griechischen Vertragshotels wie immer sei. Man müsse die Notvorräte nur einsetzen, wenn "keine Lebensmittel mehr auf dem griechischen Markt verfügbar wären oder nicht mehr importiert werden könnten", so TUI in einem Statement. das sei aber nicht der Fall. Offenbar führen die Finanzkrise und die Bargeldknappheit zu entsprechenden Gerüchten.

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Mehr Tweets zum EU-Gipfel gibt es hier

Wie die US-Medien einen Grexit bewerten

Die wichtigste amerikanische Tageszeitung „New York Times“ schreibt über einen bevorstehenden Grexit: „Ein Austritt Griechenlands würde auch der Glaubwürdigkeit des Euro und dem Projekt Europa unermesslichen Schaden zufügen. Denn er würde zeigen, dass die Mitgliedschaft eines jeden Landes in der Eurozone aufgekündigt werden kann." Die "Washington Post" meint: „In einer vernünftigen Welt wäre Griechenland nie in die Eurozone aufgenommen worden – zumindest nicht auf der Basis von Wirtschaftsdaten, die, wie jeder gewusst hat, oder hätte wissen sollen, manipuliert waren. In einer gerechten Welt würde Deutschland nicht so scheinheilig Sparmaßnahmen in Griechenland fordern, sondern mehr darüber nachdenken, dass deutsche Banker den Griechen gerne einen Großteil des Geldes geliehen haben, das sie auf ihrem Weg in den Staatsbankrott verschwendeten. In der realen Welt haben die Deutschen aber alle Karten in der Hand, und sie können überzeugend behaupten, dass sie seit dem Ausbruch der Krise vor fünf Jahren ein Großteil des finanziellen Risikos für Griechenland übernommen haben."

Schäuble: Schuldenschnitt? Das ist verboten!

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält eine weitere Finanzhilfe der Eurozone für Griechenland nur im Rahmen eines neuen Programms mit Spar- und Reformvereinbarungen für möglich. „Ohne ein Programm gibt es keine Möglichkeiten im Namen der Eurozone Griechenland zu helfen“, sagte Schäuble unmittelbar vor einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Bisher habe Griechenland aber erfolgreich dafür gekämpft, dass es kein Programm gebe. Auf die Frage, ob es einen Schuldenschnitt für Griechenland geben könne, sagte Schäuble: „Wer die europäischen Verträge kennt, weiß, dass ein Schuldenschnitt unter das Bailout-Verbot fällt.“ Das Bailout-Verbot bedeutet, dass Eurostaaten nicht für die Schulden anderer Länder aufkommen dürfen.

Gabriel ärgert sich über Naivität bei Euro-Aufnahme Griechenlands

Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisiert Fehler bei der Aufnahme Griechenlands in die Eurozone. „Die Aufnahme Griechenlands in den Euro ist aus heutiger Sicht sehr naiv erfolgt“, sagte Gabriel in einem Interview des Hamburger Magazins „Stern“. Schlimmer sei aber, dass alle viel zu lange zugeschaut haben, wie das Land immer tiefer in die Krise geriet, fügte er hinzu.

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Gabriel warb um Verständnis für die griechische Bevölkerung und für humanitäre Hilfsprogramme angesichts der sich abzeichnenden Not nach einer Zahlungsunfähigkeit des Landes. Man könne aber über „die Möglichkeit, die Schulden zu verringern, erst dann reden, wenn die griechische Regierung auch zeigt, dass sie Reformen umsetzt“.

Die Aufnahme Griechenlands hatte maßgeblich die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder vorangetrieben. Als Lehre aus dem Niedergang Griechenlands forderte Gabriel, auch bei anderen Problemen in Europa nicht wegzuschauen. Er nannte die Verletzung demokratischer Spielregeln in Ungarn und die Diskriminierung von Sinti und Roma in einigen EU-Staaten.

Chronologie der Griechenland-Krise

März 2010

Das Parlament in Athen verabschiedet ein erstes massives Sparprogramm, das unter anderem Steuererhöhungen sowie das Einfrierender Renten vorsieht. Massenproteste folgen. Die Eurostaaten sagen ein erstes Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds(IWF) zu.

April/Mai 2010

Griechenland beantragt offiziell ein Hilfsprogramm. Die Eurogruppe beschließt Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs.

Oktober 2011

Ein zweites Rettungspaket wird beschlossen:Griechenlands private Gläubiger sollen freiwillig einem Schuldenschnitt von 50 Prozent zustimmen. Zudem soll es Kredithilfen von 100 Milliarden Euro geben und Garantien von 30 Milliarden Euro, mit denen der Schuldenschnitt begleitet wird.

Februar/März 2012

Das griechische Parlament stimmt einem weiteren Sparpaket zu, das auf Druck der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft wird.

November 2012

Athen billigt abermals ein Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfen. Ein drittes Rettungspaket ist im Gespräch. Die Eurogruppe signalisiert, dass weitere Hilfen möglich sind - aber erst, wenn das laufende Hilfsprogramm erfolgreich beendet wird.

Juli 2013

Und wieder muss Athen neuen Sparmaßnahmen zustimmen. Siesehen unter anderem die Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten vor. Bei weiteren 25 000 Beamten werden die Einkommen gekürzt.

Januar 2015

Die Linkspartei Syriza unter Alexis Tsipras gewinnt die Parlamentswahl. Seine Popularität verdankt er der Ablehnung desvereinbarten Sparkurses.

Februar 2015

Die Euro-Finanzminister verlängern das - bereits einmal verlängerte - Hilfsprogramm von Ende Februar bis Ende Juni 2015.

März 2015

Athen legt eine Liste mit Reformen vor, die pro Jahr drei Milliarden Euro einbringen sollen. Es geht vor allem um den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die internationalen Geldgeber halten die Liste für unzureichend und verlangen Nachbesserungen.

Mai 2015

Das Tauziehen um Reformen geht weiter. Die Finanznot in Athen wird immer größer. Die Regierung sucht nach Geld, um Kreditschulden beim Internationalen Währungsfonds bezahlen zu können.

Juni 2015

Der IWF erlaubt Griechenland, insgesamt vier im Juni fällige Kredite erst Ende des Monats zurückzuzahlen. Athen legt neue Reformvorschläge vor, Krisentreffen auf Spitzenebene bleiben aber ergebnislos. Tsipras schlägt überraschend vor, das griechische Volk über die Sparvorschläge der Geldgeber abstimmen zu lassen und wirbt für ein negatives Votum. Die Eurogruppe erklärt die Verhandlungen für gescheitert, das Hilfsprogramm wird nicht verlängert.

13. Juli 2015

Der Grexit ist vorerst abgewendet. Beim Euro-Gipfel in Brüssel einigen sich die Regierungschefs mit Griechen-Premier Alexis Tsipras auf ein Reform- und Sparprogramm. Der Finanzbedarf der Griechen wird auf 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren taxiert. Die Parlamente in den Euro-Ländern müssen noch zustimmen.

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Polnischer Außenminister für griechischen Verbleib in Eurozone

Der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna hat sich für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone „zu harten Bedingungen“ ausgesprochen. „Selbst wenn es Jahre dauert, bis Griechenland aus der Krise herauskommt, lohnt es sich, das zu machen“, sagte Schetyna am Dienstag in Warschau am Rande einer Botschafterkonferenz. Nun hänge alles von Griechenland ab - „ob sie tatsächlich konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, oder ob sie weiter so tun, als seien sie Geiseln einer Situation, zu der es nicht durch ihre Schuld gekommen ist. Wenn das der Fall ist, werden wir gewiss ein schwarzes Szenario schreiben“.

Schetyna erinnerte daran, dass etwa Portugal, Irland und Spanien sich mit Sparmaßnahmen aus der Krise herausarbeiteten. Es könne keine ungleichen Bedingungen in der EU für Griechenland geben.

Der EU-Staat Polen ist kein Mitglied der Eurozone und hat noch kein Datum für den Beitritt zur Gemeinschaftswährung festgelegt.

Kieler Institut: Griechenland braucht Hilfe von Experten

Die Geldgeber Griechenlands haben nach einer Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) die Verschleppung von grundlegenden Reformen viel zu lange toleriert. „Keine griechische Regierung der vergangenen Jahre hat ohne Druck und Kontrollen den Reformprozess oder die Haushaltssanierung vorangetrieben“, sagte IfW-Experte Klaus Schrader am Dienstag in Kiel. „Erst die kompromisslose Haltung der neuen griechischen Regierung hat die mangelnde Kooperationsbereitschaft der griechischen Regierung auf dramatische Weise transparent gemacht.“ Durch die Verschleppung des Reformprozesses sei die Wende zu einer positiven Wirtschaftsentwicklung in weite Ferne gerückt.

Haupthindernis für Reformerfolge sei die völlige Überforderung der griechischen Staatsverwaltung bei der Durchführung komplexer Reformen, heißt es in der Studie. „Sie bedarf in noch größerem Umfang als bisher externer Expertenhilfe“, sagte Schrader. Nötig seien ein intensiverer Wettbewerb auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten, die Flexibilisierung und Öffnung der Arbeitsmärkte, die Vereinfachung des Steuersystems und eine finanzielle Entlastung des Staates bei Renten und Pensionen. Griechenland sei auf rohstoff- und arbeitsintensive Produkte ausgerichtet und stehe damit im Preiswettbewerb mit Schwellen- und Entwicklungsländern.

Die Kieler Experten befürworten einen Schuldenschnitt, um die griechischen Schulden wieder tragfähig zu machen: Entweder innerhalb des Euro mit umfangreichen und nachprüfbaren Reformauflagen oder mit einem geordneten Austritt aus der Eurozone und einem finanziell abgefederten Übergang.

Arbeitslosenquote in Griechenland steigt dramatisch

In der schweren Schuldenkrise Griechenlands ist die Arbeitslosenquote immer mehr gestiegen. Im ersten Quartal 2015 erreichte sie 26,6 Prozent (25,5 Prozent im Vorjahreszeitraum). Besonders dramatisch: Knapp 50 Prozent der jungen Leute bis zum Alter von 24 Jahren sind ohne Job.

Noch im Jahr 2008 - dem Beginn der globalen Finanzkrise - lagen Deutschland (damals 7,4 Prozent) und Griechenland (7,8 Prozent) nach Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat fast gleichauf.

In Griechenland kommt Schwarzarbeit als verbreitetes Problem hinzu. Zahlreiche Unternehmen, vor allem im Bereich Hotellerie und Gastronomie, beschäftigen junge Menschen zu minimalen Tageslöhnen, ohne Arbeitgeberbeiträge in die Sozialversicherung zu zahlen. Es gibt sogar Fälle, in denen Kellner ohne Lohn arbeiten und ausschließlich vom Trinkgeld leben müssen - vor allem auf den Inseln.

Anfang Juni beobachteten verwunderte Touristen, wie die meisten Kellner einer Strand-Bar eines Hotels nahe Nafplion ins Meer sprangen, als eine Kontrolle des Arbeitsamtes im Hotel erschien und die Besitzer Alarm gaben. Die Kellner taten so, als wären sie schiwmmende Touristen und kamen nach der Kontrolle durchnässt aus dem Wasser. Tausende Arbeitnehmer erhalten ihre Löhne mit großer Verspätung von bis zu drei Monaten.

Es gibt eine starke Abwanderung von Fachkräften aus dem Land. Nach Angaben der Ärztekammer sollen allein in den vergangenen drei Jahren mehr als 6000 Ärzte ins Ausland gegangen sein. Auch andere Wissenschaftler wie Ingenieure und Chemiker sind bereits ausgewandert. Griechen, die in Westeuropa, den USA, Kanada und Australien leben, erhalten fast täglich Anrufe von Verwandten aus der Heimat, die auf der Suche nach Arbeit sind.

Lettlands Zentralbank-Chef: Langsamer „Grexit“ einzige Lösung

Nach dem Nein beim Referendum über die Sparpolitik hält der lettische Zentralbank-Chef Ilmars Rimsevics ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro für das „realistischste Szenario“ zur Überwindung der Schuldenkrise. „Ich sehe faktisch keine andere Lösung als einen langsamen Rückzug aus der Eurozone“, sagte Rimsevics am Dienstag im lettischen Rundfunk.

„Die gegenwärtige Situation erfordert, dass jemand den Geldbeutel öffnet“, sagte Rimsevics. Doch niemand sei bereit, die notwendigen 30 bis 50 Milliarden Euro auf den Tisch zu legen, um die Situation zu ändern. Beim Referendum habe sich das griechische Volk im Grunde selbst aus der Eurozone herausgewählt, meinte er.

Langfristig könnte durch einen „Grexit“ auch die derzeit „sehr stabile“ Eurozone stärker werden. Auch Lettland, das seit 2014 der Währungsunion angehört, habe durch die Griechenland-Krise nichts zu befürchten, betonte Rimsevics.

Lambsdorff hält Grexit für die einzige Lösung

Der FDP-Chef im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, hat sich eindeutig für einen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone positioniert. "Der Grexit ist die einzige nachhaltige Lösung, die es jetzt noch gibt", sagte Lambsdorff am Dienstag im TV-Sender "phoenix".

Fidel Castro gratuliert Tsipras zu „brillantem politischen Sieg“

Der frühere kubanische Präsident Fidel Castro hat dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras zu einem „brillanten politischen Sieg“ gratuliert. Er habe das griechische Referendum im Fernsehen verfolgt, schrieb der Revolutionsführer in einem Brief, den das Regierungsportal „Cubadebate“ am Montag (Ortszeit) veröffentlichte.

Kubas Revolutionsführer Fidel Castro bei einem offiziellen Auftritt am vergangenen Freitag
Kubas Revolutionsführer Fidel Castro bei einem offiziellen Auftritt am vergangenen Freitag © dpa

Die lateinamerikanische und karibische Bevölkerung bewundere, wie Griechenland seine „Identität und Kultur“ gegen Bedrohungen von außen verteidige, schrieb Castro. In einer Volksabstimmung hatten die Griechen am Sonntag die Sparvorgaben der internationalen Gläubiger abgelehnt.

Juncker will Griechenland in der Eurozone halten

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat sich für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone stark gemacht. „Niemand darf die Griechen hinauswerfen wollen“, sagte er am Dienstagmorgen vor dem Europaparlament in Straßburg. Die Verhandlungen mit Athen müssten erneut aufgenommen werden.

Zugleich dämpfte Juncker die Erwartungen an das Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Länder mit der Euro-Währung am Abend in Brüssel. Dabei könne es noch keine Lösung geben. „Und wenn es heute eine Lösung gäbe, dann wäre es wiederum eine zu einfache Lösung“, sagte er.

Vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras forderte er eine Erklärung des Referendums. Er respektiere die Abstimmung, beteuerte Juncker. „Ich würde das gerne verstehen“, sagte er aber. Die vorgelegte Frage zu Spar- und Reformforderungen der Geldgeber habe zum Zeitpunkt der Stimmabgabe nicht mehr auf dem Tisch gelegen.

EZB könnte vorab Brückenfinanzierung geben

Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte dem finanziell angeschlagenen Griechenland in einem Vorgriff auf ein späteres Hilfspaket unter bestimmten Umständen vorab Liquidität über ein „Brückenprogramm“ zur Verfügung stellen. Das sei ein Punkt, der zu diskutieren sei, sagte der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny am Montagabend, wie die Nachrichtenagentur APA berichtete. (HA/dpa/epd/KNA)