Athen/Brüssel/Berlin/Hamburg. Gericht billigt Volksabstimmung. Pleite ist jetzt offiziell. Airlines bieten Auslands-Griechen Last-Minute-Flüge nach Athen zum Referendum.

Zwei Tage vor der Volksabstimmung in Griechenland hat der Euro-Rettungsfonds das Land am Freitag für insolvent erklärt. Der EFSF erklärte, es sei Zahlungsausfall festgestellt worden. Man wolle aber "nicht die unmittelbare Rückzahlung von Krediten verlangen".

Tsipras schwört seine Anhänger auf "Nein" bei Referendum ein

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat vor Zehntausenden Anhängern für eine Ablehnung der internationalen Sparvorgaben beim bevorstehenden Referendum geworben. „Am Sonntag werden wir nicht nur einfach über unseren Verbleib in Europa entscheiden, sondern über die Frage, ob wir mit Würde in Europa bleiben“, sagte Tsipras am Freitagabend bei einer Kundgebung auf dem Syntagma-Platz. An der Kundgebung beteiligten sich nach Schätzungen etwa 30 000 Menschen.

Ebenfalls in Athen kamen die Befürworter des Sparprogrammes zusammen. Etwa 20 000 Regierungsgegner sprachen sich dafür aus, auf die Forderungen der internationalen Geldgeber einzugehen, um die drohende Staatspleite des Euro-Krisenlandes zu verhindern.

Gericht lehnt Einspruch gegen Referendum ab

Grünes Licht für das Referendum: Das höchste Verwaltungsgericht Griechenlands hat eine Klage gegen die Volksabstimmung abgelehnt. Das teilte das Gericht laut der Nachrichtenagentur AP mit.

Tsipras: "Nein" beim Referendum wäre kein Ende der Verhandlungen

Griechenlands Regierungschef Alexis Tspiras sieht in dem Referendum zum Sparkurs seines Landes keine Entscheidung über einen Abschied aus der Eurozone. Bei der Volksabstimmung am Sonntag gehe es vielmehr um die Frage, ob sein Volk weiter verarme und verelende, sagte Tsipras am Freitag in einer Fernsehansprache. Die Griechen würden am Sonntag ihre Zukunft in die „eigene Hand nehmen“ und gegen die Sparprogramme der Gläubiger stimmen. „Ein Nein bedeutet nicht den Abbruch, sondern die Fortsetzung der Verhandlungen“, versicherte Tsipras seinen Landsleuten.

Last-Minute-Flüge nach Athen

Zum Referendum über Griechenlands Spar- und Reformkurs am Sonntag bietet eine griechische Airline Sonderflüge nach Athen an. Am Sonntag und Montag sind zusätzliche Flüge ab London-Stansted und Brüssel geplant, gab die Gesellschaft Aegean Air auf ihrer Website bekannt. Passagiere, die sich auf Handgepäck beschränken, fliegen zu einem günstigeren Preis. Damit wolle man es griechischen Wählern ermöglichen, an der Abstimmung teilzunehmen. Im Ausland lebende Griechen können nicht am Volksentscheid teilnehmen. Wenn sie abstimmen wollten, können sie das nur in Griechenland.

Referendum als Rettungsanker gegen Abstimmungs-Pleite

Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras hat sich zum Euro-Referendum gezwungen gesehen, weil das von den Geldgebern geforderte Sparprogramm aus ihrer Sicht keine Chancen auf eine Parlamentsmehrheit gehabt hätte. Das sagte der stellvertretende Außenminister Euklides Tsakalotos am Freitag im griechischen Fernsehen Skai. „Meiner Ansicht nach würde es nicht durch das Parlament kommen“, sagte er. Dann hätten vorgezogene Wahlen stattfinden müssen, die die Situation „noch schwieriger machen“ würden, sagte Tsakalotos weiter. Er ist in der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipra der Chefkoordinator für die Verhandlungen mit den Gläubigern.

Den Griechen gehen die 20-Euro-Scheine aus

Nach fünf Tagen mit geschlossenen Banken machen sich in Griechenland Probleme bei kleinen Geldscheinen und Wechselgeld bemerkbar. Vor allem auf Kreta und auf einigen Inseln der Dodekanes sowie auch in Athen gaben die Geldautomaten am Freitag nur noch 50-Euro-Scheine aus. Grund: Die Bürger dürfen seit Montag pro Tag 60 Euro abheben. Damit gingen schnell die 20-Euro-Scheine aus und die Geldautomaten geben nun vielerorts nur Fünfziger aus. In Griechenland sind die Geldautomaten so eingestellt, dass sie nur 50 und 20 Euro-Scheine ausgeben.

„Das Ergebnis ist, dass jeder hier mit 50-Euro-Scheinen herumläuft und die Geschäfte kein Wechselgeld zurückgeben können“, sagte Christos Pilatakis, ein Hotelmanager auf der Touristeninsel Rhodos, der Deutschen Presse-Agentur. Das Problem mit den 20-Euro-Scheinen werde im Großraum Athen stufenweise gelöst. Die Banken hätten am frühen Nachmittag die Geldautomaten mit 20-Euro-Scheinen versorgt, berichtete der griechische Rundfunk.

Für die Urlauber aus dem Ausland funktionierten am Freitag die Geldautomaten normal. Mit Bankkarten aus Deutschland konnte man in Athen und auf allen Ferienorten den jeweils geltenden Höchstbetrag des Tages abheben. Für die National Bank of Greece waren es 500 Euro.

Finanztrick: Wie die Griechen-Pleite Schäuble hilft – kurzfristig

Nach einem Bericht des „Focus“ will der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Geld für den Bundeshaushalt zurückfordern, das eigentlich für Griechenland bestimmt war. Dabei geht es um Zinsgewinne der Deutschen Bundesbank mit griechischen Staatsanleihen. Dieses Geld (deutscher Anteil: 532 Millionen Euro) sollte eigentlich beim Euro-Rettungsfonds ESM gesammelt und den Griechen überwiesen werden. Weil aber nun die Griechen ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen seien, wurde das Geld eingefroren, so der „Focus“. Schäuble will weitere 412 Millionen Euro ebenfalls nicht auszahlen. Kommt dem Bundeshaushalt wegen der Griechen-Krise nun rund eine Milliarde Euro zusätzlich zu? Was die Staatsanleihen künftig wert sind, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Bischöfe: Der Mensch steht im Mittelpunkt – nicht die Banken und das Geld

Die Europäer sollten sich nach Ansicht der italienischen Bischöfe in der Griechenland-Krise nicht nur um Zahlen und Banken, sondern vor allem um die Menschen kümmern. Man müsse das Bewusstsein dafür zurückgewinnen, dass der Mensch stets im Mittelpunkt allen gesellschaftlichen Handeln stehe, sagte der Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz, Nunzio Galantino, dem katholischen Fernsehsender TV2000. Daher sei ein Perspektivwechsel nötig. Italien ist nach Deutschland und Frankreich der drittgrößte Gläubigerstaat Griechenlands.

Deutsche Linke: Eulen nach Athen

Wenn derzeit Linke nach Griechenland fahren, könnte man meinen, sie tragen sprichwörtlich Eulen nach Athen. Denn die Linken sind ja an der Macht in der griechischen Regierung. Doch noch vor dem Referendum am Sonntag reisen deutsche Spitzenpoitiker nach Athen. Wie die Linke mitteilte, wollen sich Parteichef Bernd Riexinger, Fraktionschef Gregor Gysi und Klaus Ernst am Freitag und Sonnabend über die Lage unmittelbar vor der Abstimmung und über die Pläne der griechischen Regierung informieren. Die Linke unterhält enge Beziehungen zur Regierungspartei Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Ansteckungsgefahr: Griechen-Grippe auch bei europäischen Konzernen?

Bekommen die großen Unternehmen nun doch die Griechen-Grippe? Die Eskalation der Schulden-Krise hat einer Studie zufolge rund um den Globus binnen weniger Tage 300 Milliarden Dollar an Börsenwert vernichtet. Der Gesamtwert der 100 teuersten Aktiengesellschaften der Welt sank nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vom 19. Juni bis zum 30. Juni von 16,6 Billionen auf 16,3 Billionen US-Dollar. Besonders hart habe es die fünf deutschen Konzerne in dieser Rangliste getroffen, berichtete Ernst & Young: Der Börsenwert von Bayer (Platz 62/116 Mrd. Dollar), Volkswagen (65/110,5 Mrd), Daimler (79/98 Mrd), Siemens (93/89 Mrd) und SAP (98/86,5 Mrd) verringerte sich um zusammen 22 Milliarden Dollar (rund 20 Mrd Euro) beziehungsweise vier Prozent.

Angeführt wird die Top-100-Liste nach wie vor von US-Konzernen. Acht der zehn teuersten Unternehmen der Welt kommen derzeit aus den Vereinigten Staaten, zwei stammen aus China. Der Technologiekonzern Apple baute seine Spitzenposition aus: Apples Börsenwert kletterte auf rund 723 Milliarden Dollar, das sind 75 Milliarden mehr als Ende vergangenen Jahres. Auf den Plätzen folgen der Suchmaschinen-Riese Google (361 Mrd Dollar Börsenwert) und der Softwarekonzern Microsoft (357 Mrd).

Spott vor der Volksabstimmung über den Ruin der Griechen

Die Griechen kritisieren die Deutschen für ihre angeblich preußische Spar-Disziplin. Aber die Deutschen und Rest-Europäer, vor allem die Satire-gewandten, gießen ihren Spott auch über die Griechen aus. Anders kann man den Tweet des "Postillon" nicht deuten. Mehr dazu beim Hashtag Griechenland von Twitter.

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Tsipras: Stimmungsschwankung auch in Sachen Rücktritt

Jetzt will er doch nicht zurücktreten, wenn er bei der Volksabstimmung über die Euro-Hilfen der EU-Partner, der EZB und des Internationalen Währungsfonds verlieren sollte: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras will nun nur noch darüber nachdenken, was aus seiner erst im Januar eingesetzten Regierung wird, wenn das Referendum am Sonntag mehrheitlich mit „Ja“ entschieden wird, also für den harten Spar- und Reformkurs. Ist das die Kehrtwende in seiner populistischen Einbahnstraßen-Politik? Will Alexis Tsipras vor allem sein Amt und seine Macht retten?

Die Märkte regieren vor dem Referendum erstaunlich gelassen. Ist es die Ruhe vor dem Sturm, der am Montag bei Börsenöffnung befürchtet wird, sollten die Griechen mehrheitlich mit „Nein“ stimmen? Der Kurs des Euro ist am Freitag zu Handelsbeginn leicht gestiegen. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde mit 1,1092 US-Dollar gehandelt. Im asiatischen Geschäft hatte er mit 1,1081 Dollar etwas weniger gekostet. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstag auf 1,1066 (Mittwoch: 1,1100) US-Dollar festgesetzt. Händler erwarten einen insgesamt ruhigen Handelstag, da in den USA wegen eines Feiertags die Finanzmärkte geschlossen bleiben.

Krise verständlich: Euro-Experte im Abendblatt-Video

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Die Nachrichtenagentur dpa verbreitet noch einmal die „Termine“ für den Fall einer Staatspleite nach dem Referendum:

5. Juli: Die Griechen sollen in einem Referendum über das von den Geldgebern vorgelegte Spar- und Reformpaket abstimmen.

6. Juli: Frühestens am Tag nach der Volksabstimmung könnten Griechenlands Banken und die Börse in Athen wieder öffnen.

10. Juli: Griechische Staatspapiere mit kurzen Laufzeiten (T-Bills) in Höhe von 2 Milliarden Euro werden fällig und müssten durch neue abgelöst werden. Dieser Termin ist vor allem für das Urteil der Ratingagenturen wichtig.

13. Juli: Athen muss eine weitere Rate von knapp 500 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen.

17. Juli: Weitere T-Bills in Höhe von einer Milliarde Euro werden fällig.

20. Juli: Athen muss insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. Sollte diese Zahlung ausfallen, dürfte es der EZB laut Experten kaum noch möglich sein, weiter Ela-Kredite an griechische Banken zu vergeben.

Chronologie der Griechenland-Krise

März 2010

Das Parlament in Athen verabschiedet ein erstes massives Sparprogramm, das unter anderem Steuererhöhungen sowie das Einfrierender Renten vorsieht. Massenproteste folgen. Die Eurostaaten sagen ein erstes Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds(IWF) zu.

April/Mai 2010

Griechenland beantragt offiziell ein Hilfsprogramm. Die Eurogruppe beschließt Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs.

Oktober 2011

Ein zweites Rettungspaket wird beschlossen:Griechenlands private Gläubiger sollen freiwillig einem Schuldenschnitt von 50 Prozent zustimmen. Zudem soll es Kredithilfen von 100 Milliarden Euro geben und Garantien von 30 Milliarden Euro, mit denen der Schuldenschnitt begleitet wird.

Februar/März 2012

Das griechische Parlament stimmt einem weiteren Sparpaket zu, das auf Druck der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft wird.

November 2012

Athen billigt abermals ein Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfen. Ein drittes Rettungspaket ist im Gespräch. Die Eurogruppe signalisiert, dass weitere Hilfen möglich sind - aber erst, wenn das laufende Hilfsprogramm erfolgreich beendet wird.

Juli 2013

Und wieder muss Athen neuen Sparmaßnahmen zustimmen. Siesehen unter anderem die Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten vor. Bei weiteren 25 000 Beamten werden die Einkommen gekürzt.

Januar 2015

Die Linkspartei Syriza unter Alexis Tsipras gewinnt die Parlamentswahl. Seine Popularität verdankt er der Ablehnung desvereinbarten Sparkurses.

Februar 2015

Die Euro-Finanzminister verlängern das - bereits einmal verlängerte - Hilfsprogramm von Ende Februar bis Ende Juni 2015.

März 2015

Athen legt eine Liste mit Reformen vor, die pro Jahr drei Milliarden Euro einbringen sollen. Es geht vor allem um den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die internationalen Geldgeber halten die Liste für unzureichend und verlangen Nachbesserungen.

Mai 2015

Das Tauziehen um Reformen geht weiter. Die Finanznot in Athen wird immer größer. Die Regierung sucht nach Geld, um Kreditschulden beim Internationalen Währungsfonds bezahlen zu können.

Juni 2015

Der IWF erlaubt Griechenland, insgesamt vier im Juni fällige Kredite erst Ende des Monats zurückzuzahlen. Athen legt neue Reformvorschläge vor, Krisentreffen auf Spitzenebene bleiben aber ergebnislos. Tsipras schlägt überraschend vor, das griechische Volk über die Sparvorschläge der Geldgeber abstimmen zu lassen und wirbt für ein negatives Votum. Die Eurogruppe erklärt die Verhandlungen für gescheitert, das Hilfsprogramm wird nicht verlängert.

13. Juli 2015

Der Grexit ist vorerst abgewendet. Beim Euro-Gipfel in Brüssel einigen sich die Regierungschefs mit Griechen-Premier Alexis Tsipras auf ein Reform- und Sparprogramm. Der Finanzbedarf der Griechen wird auf 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren taxiert. Die Parlamente in den Euro-Ländern müssen noch zustimmen.

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Der verwirrende Text des Volksentscheides

Entscheidend, deshalb hier noch einmal der Text des Volksentscheids: „Muss der Entwurf einer Vereinbarung von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds akzeptiert werden, welcher am 25.06.2015 eingereicht wurde und aus zwei Teilen besteht, die in einem einzigen Vorschlag zusammengefasst sind?“

Das erste Dokument heißt auf Englisch „Reforms for the Completion of the Current Program and Beyond“ und das zweite „Preliminary Debt Sustainability Analysis“ - auf Deutsch: „Reformen, um das laufende (Rettungs-)Programm abzuschließen und darüber hinaus“ und das zweite „vorläufige Schuldentragfähigkeitsanalyse“.

Die letzte Umfrage zum Griechen-Referendum: Tendenz Ja

Die vermutlich letzte Umfrage zum Referendum in Griechenland zeigt: 44,8 Prozent wollen mit Ja stimmen, 43,4 Prozent mit Nein, 1,8 Prozent haben sich noch nicht entschieden, berichtet die Zeitung „Ethnos“. 74 Prozent der Befragten sind für den Verbleib in der Euro-Zone. An diesem Freitag geht es noch darum, dass das Referendum vom griechischen Staatsrat – das oberste Verwaltungsgericht des Landes – bestätigt wird.

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici rief die Griechen auf, „Ja“ zum Sparkurs zu sagen. „Wir müssen die Gespräche mit Griechenland einen Tag nach dem Referendum wieder aufnehmen“, sagte er in Brüssel. Ein „Nein“ würde diese Verhandlungen viel komplizierter machen, mahnte Moscovici. Athen brauche aber weitere internationale Hilfe: „Griechenlands Finanzbedarf wird ja nicht verschwinden.“

EU-Parlamentspräsident Schulz setzt auf Rücktritt von Tsipras

Der Präsident des Europaparlaments Martin Schulz hofft, dass es nach der Volksabstimmung in Griechenland zu einem Rücktritt der Regierung Tsipras und zu Neuwahlen kommt. „Neuwahlen wären zwingend, wenn die griechische Bevölkerung für das Reformprogramm und damit den Verbleib in der Euro-Zone stimmt und Tsipras folgerichtig zurücktritt“, sagte Schulz dem „Handelsblatt“. Die Zeit bis zur Wahl müsse „mit einer technischen Regierung überbrückt werden, damit wir weiter verhandeln können“, sagte Schulz weiter.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) veröffentlichte in Washington eine Schätzung, wonach Griechenland bis 2018 etwa 52 Milliarden Euro benötigt. Griechenland hatte dem IWF eine fällige Kreditrate von 1,54 Milliarden Euro nicht zurückgezahlt und ist damit von weiteren Hilfen zunächst abgeschnitten. Dem Papier zufolge, das noch nicht mit der IWF-Führung abgestimmt ist, muss allein die Eurozone bis Ende 2018 noch einmal rund 36 Milliarden Euro nachschießen. Die IWF-Experten erklärten zudem, eine Lockerung der bislang erwogenen Reformpakete würde auch einen Schuldenschnitt notwendig machen.

Dieser IWF-Report „bestätigt voll die griechische Regierung“, sagte deren Sprecher Gabriel Sakellaridis in Athen. Die Regierung halte die griechischen Schulden nämlich für nicht nachhaltig und fordere, dass jede neue Vereinbarung mit den Geldgebern eine Restrukturierung oder einen Schuldenschnitt enthalten müsse.

Euro-Gruppenchef spricht offen über Grexit

CSU-Chef Horst Seehofer knüpfte weitere Finanzhilfen für Griechenland an Bedingungen. „Wir können den Griechen nur dann mit weiterem Geld helfen, wenn es einen schlüssigen Plan gibt, wie sie durch Reformen ihre Schuldentragfähigkeit wieder herstellen wollen“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag).

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hatte ein Ausscheiden der Griechen aus der Eurozone ins Gespräch gebracht. Obwohl ein solcher „Grexit“ rechtlich gar nicht vorgesehen ist, sagte Dijsselbloem in Den Haag: Bei einem „Nein“ zum Sparkurs fehle nicht nur die Grundlage für ein neues Hilfsprogramm, „sondern dann ist es sehr fraglich, ob es überhaupt eine Basis für Griechenland in der Euro-Zone gibt“.

Gegner der Sparpolitik riefen für diesen Freitag und Sonnabend zu Demonstrationen in mehr als 120 europäischen Städten auf. Die Organisation Blockupy listete für Deutschland Protestveranstaltungen in Berlin und zwölf weiteren Städten auf, darunter auch Hamburg. (HA/dpa)