Moskau. Ermordeter russischer Oppositioneller wird heute in Moskau beigesetzt. Nemzows Begleiterin aus der Tatnacht hat das Land verlassen.

Unter einem extremen Polizeiaufgebot nehmen am Dienstag Tausende Menschen in Moskau Abschied vom ermordeten Kremlkritiker Boris Nemzow. Mit roten Rosen in den Händen zogen am Vormittag Freunde und Weggefährten am offenen Sarg des 55-jährigen Oppositionellen vorbei.

Vor dem Gebäude des Sacharow-Zentrums, in dem der Sarg aufgebahrt wurde, bildete sich eine lange Schlange von Trauernden. Die Polizei sperrte die Umgebung weiträumig ab.

Am Nachmittag soll Nemzow auf dem Moskauer Prominentenfriedhof Trojekurowo beigesetzt werden. Er war am Freitagabend in Kremlnähe auf offener Straße erschossen worden. Der Täter entkam unerkannt.

Zeugin der Mordnacht ausgeflogen

Die Zeugin des Mordes hat unterdessen Russland in Richtung Heimat verlassen. "Anna Durizkaja hat gerade einen Flug nach Kiew genommen", zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass in der Nacht einen Sprecher des ukrainischen Außenministeriums.

Die 23-Jährige hatte Nemzow begleitet, als dieser mit vier Schüssen in den Rücken auf einer Brücke in Nähe des Kremls in Moskau getötet worden war. Durizkaja blieb unverletzt. Berichten zufolge gab sie an, den Täter nicht gesehen zu haben, weil er von hinten geschossen habe. Durizkaja hatte sich seit Sonnabend in Russland unter Polizeischutz befunden und war ausführlich befragt worden.

Leutheusser-Schnarrenberger schaltet sich ein

Derweil hat die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)im Fall Nemzow die Einsetzung eines Sonderberichterstatters des Europarats gefordert, um Russland bei der Aufklärung der Tat zu unterstützen. "Dass hier ein Misstrauen berechtigt ist, zeigen die Untersuchungen in den vergangenen Jahren", sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Dienstag im RBB-Sender Radioeins mit Blick auf frühere Morde an Oppositionellen in Russland. "Da sind nie wirklich die Verantwortlichen ermittelt worden."

Es sei gut, wenn sich eine unabhängige Organisation wie der Europarat einen eigenen Eindruck von den Ermittlungen zum Mord an dem Kreml-Kritiker mache, sagte die FDP-Politikerin. Es könne der russischen Regierung nur Recht sein, wenn sie bei der Aufklärung Unterstützung erhalte. Ihrer Ansicht nach sollte mit dem Mord ein profilierter Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin beseitigt werden. "Er hat sich sehr für die Maidan-Bewegung eingesetzt in der Ukraine - das haben ihm natürlich viele auch übel genommen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im vergangenen Frühjahr sei in Russland die "nationale Stimmung" geschürt worden, weshalb Oppositionelle "deutlich an Zuspruch" verloren hätten, sagte die frühere Ministerin. (dpa/afp)