Der Iran provoziert den Westen weiter im Atomstreit. Teheran stellt eine neue Kampfdrohne vor, die für Bombenabwürfe bestimmt sei.

Moskau/Teheran. Während die Nachricht über das am Sonnabend eröffnete erste Atomkraftwerk des Irans weltweit auf Kritik stößt, vor allem in Israel, löst Teheran am Sonntag im Atomstreit weiteren Unmut aus. Im Beisein des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad testete Teheran seine erste vom Iran gebaute Kampf- und Langstreckendrohne. Die Drohne könne nach eigenen Angaben größere Mengen Sprengstoff transportieren und habe eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometern.

Irans erstes Atomkraftwerk ist mit russischer Hilfe am Sonnabend in Betrieb genommen worden. Russische Nuklearexperten haben in der Hafenstadt Buschehr am Persischen Golf die ersten der mehr als 160 Brennstäbe in den Reaktor gebracht. Der Vorgang wurde von der internationalen Atom-Kontrollbehörde IAEA bestätigt. Die Behörde kündigte die Fortsetzung ihrer strengen Kontrollen an.

Die Führung in Teheran feierte den Start der Anlage in Buschehr als wichtiges politisches Signal Richtung Westen. Dagegen forderte Israel mehr internationalen Druck auf den Iran. Der Chef des russischen Atomkonzerns Rosatom, Sergej Kirijenko, schloss bei der Zeremonie am Persischen Golf einen Missbrauch der Anlage zur Waffenproduktion aus. In Buschehr soll ab November Atomstrom produziert werden.

Für weitere Unruhe in der Krisenregion sorgte der Test neuer Militärtechnik durch Teheran. Im Beisein von Präsident Mahmud Ahmadinedschad sei die erste vom Iran gebaute Langstrecken- Kampfdrohne mit einer Reichweite von bis zu 1000 Kilometern präsentiert worden, meldete die Agentur Fars am Sonntag.

„Diese Drohne kann ein Botschafter des Todes für die Feinde der Menschheit sein. Zugleich kann sie aber auch ein Bote der Rettung, des Friedens und der Freundschaft sein“, sagte Ahmadinedschad am Feiertag der iranischen Rüstungsindustrie. Der vier Meter lange, unbemannte Flugkörper namens Karar könne mit einer „größeren Menge Sprengstoff“ sein Ziel ansteuern.

Im Meiler Buschehr sagte der iranische Atomchef Ali Akbar Salehi, die Eröffnung verdeutliche die Entschlossenheit von Teheran, sein „friedliches Atomprogramm“ trotz der Ablehnung durch den Westen fortzuführen. Jedoch wolle der Iran den Bau weiterer Atomanlagen „nicht überstürzen“. Buschehr ist nicht Bestandteil der Sanktionen, die der Weltsicherheitsrat im Juni gegen Teheran verschärft hatte. Die Anlage soll in einigen Monaten den ersten Strom liefern.

Israel forderte nach der Eröffnung einen stärkeren internationalen Druck auf Teheran . Der Iran müsse gehindert werden, sein Atomprogramm weiter auszubauen, berichtete der israelische Rundfunk am Sonntagunter Berufung auf das Außenministerium in Jerusalem. Teheran verstoße gegen Resolutionen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA und des UN-Sicherheitsrates. Es dürfe dem Land nicht erlaubt werden, Uran anzureichern. Israel sieht sich durch Teherans Führung unter Ahmadinedschad in seiner Existenz bedroht.

Kritiker werfen dem Iran vor, das Spaltmaterial von Buschehr zu militärischen Zwecken nutzen zu wollen. „Alle Experten wissen, dass dies (wegen der ständigen Kontrolle durch die IAEA) nicht möglich ist“, sagte Kirijenko. Die Organisation werde den Meiler auch in Zukunft regelmäßig inspizieren, teilte ein IAEA-Sprecher in Wien mit. Aus den USA kamen zunächst keine Reaktionen auf die Inbetriebnahme von Buschehr. Moskau hatte aber wiederholt darauf verwiesen, dass die Fertigstellung der Anlage von den USA begrüßt werde. Experten sehen keine große Gefahr, dass mit Hilfe des Leichtwasserreaktors waffenfähiges Plutonium erzeugt wird.

Laut Rosatom soll das Beladen mit Brennstäben bis 5. September abgeschlossen sein. Der in den 1970er Jahren mit westdeutscher Hilfe begonnene Reaktor soll im November ans Netz gehen und spätestens im März seine Maximalleistung von 1000 Megawatt erreichen. „Auf den Fundamenten, die deutsche Ingenieure vor mehr als 30 Jahren zu legen begannen, haben Experten aus beiden Ländern ein einzigartiges Projekt geschaffen“, sagte Kirijenko. Er kündigte an, dass Russland künftig Atomteilchen zur Bekämpfung von Krebs an den Iran liefern werde. Bisher hatte Teheran diese in einem Forschungsreaktor herstellt.

1974 hatten vor allem deutsche Ingenieure mit dem Bau der Anlage begonnen. Nach der Islamischen Revolution von 1979 verweigerte der Westen der neuen Führung in Teheran die Zusammenarbeit. Der Iran einigte sich schließlich 1995 mit Russland auf den Weiterbau des Blocks. Der Vertrag hat einen Umfang von einer Milliarde US-Dollar.