Uno-Experte beklagt dramatische Zustände in Gefängnissen. Die 18. Welt-Aids-Konferenz ging am Freitag in Wien zu Ende

Wien. Zum Abschluss der Welt-Aids-Konferenz in Wien haben Mediziner zu mehr Einsatz im Kampf gegen die Immunschwäche-Epidemie aufgerufen. Alle Aids-Kranken weltweit müssten Zugang zu Medikamenten und Betreuung bekommen, mahnte die österreichische Aids-Ärztin und Kovorsitzende der Konferenz, Brigitte Schmied, am Freitag. Dieses Ziel dürfe die internationale Gemeinschaft nicht aus den Augen verlieren.

Zurzeit werden 5,2 Millionen Aids-Patienten in Entwicklungsländern mit lebensverlängernden Medikamenten behandelt. Nach Uno-Schätzungen warten weitere zehn Millionen Menschen dringend darauf. Weltweit leben 33,4 Millionen Menschen mit HIV und Aids, davon zwei Drittel in Afrika südlich der Sahara. Nach den jüngsten Zahlen infizierten sich 2008 rund 2,7 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus.

Viel Beachtung fand auf der sechstägigen Konferenz der erfolgreiche Test eines Vaginal-Gels als Schutz vor HIV-Übertragung. Sollte sich die Wirksamkeit, die im Test bei 39 Prozent lag, bestätigen und verbessern, könnten sich Frauen erstmals unabhängig vom Verhalten der Männer schützen. Schmied sprach von der Hoffnung auf eine Revolution der Aids-Vorbeugung. Bisher gilt das Kondom als bester Schutz.

Unter dem Motto "Rechte hier und jetzt" richtete die Konferenz das Augenmerk auf besonders von HIV bedrohte und betroffene Gruppen wie Drogenkranke und Häftlinge. Dmytro Scherembej vom HIV-Netzwerk in der Ukraine warf den osteuropäischen Ländern vor, keinerlei Strategie gegen die Aids-Epidemie zu haben. Heute lebten 360 000 HIV-Positive in der Ukraine, 2015 würden es 800 000 sein. Scherembej, der selbst inhaftiert war, sprach von absolut unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen, wo Aids grassiere.

Der Uno-Experte Manfred Nowak beklagte eine weltweite Gefängniskrise. Folter, Rechtlosigkeit, Überfüllung, sexuelle Gewalt, Drogen und extrem unhygienische Verhältnisse seien in den Gefängnissen vieler Länder an der Tagesordnung, sagte der Sonderberichterstatter des Uno-Menschenrechtsrats. Häftlinge hätten ein besonders hohes HIV-Risiko. "Es gibt kein Gefängnis ohne Sex und kein Gefängnis ohne Drogen", sagte Nowak. Notwendig seien daher Aids-Aufklärung, Kondome, Nadelaustausch, Drogenersatzprogramme und medizinische Behandlung in den Haftanstalten. Weltweit sind Nowak zufolge etwa zehn Millionen Menschen in Haft. Insgesamt 30 Millionen Menschen werden pro Jahr freigelassen oder neu inhaftiert. Wegen dieser Fluktuation gefährdeten unhaltbare Zustände in den Gefängnissen auch die öffentliche Gesundheit, sagte Nowak.

An der 18. Aids-Konferenz nahmen rund 17 000 Wissenschaftler, Ärzte, Aktivisten, Vertreter internationaler Organisationen, Beamte und Politiker aus 193 Ländern teil. Hauptveranstalter des wichtigsten globalen Forums zu HIV ist die Internationale Aids-Gesellschaft (IAS) mit Sitz in Genf, die weltweit 14 000 Mitglieder zählt. Die nächste Welt-Aids-Konferenz findet im Juli 2012 in Washington statt.