Der französische Präsident verteidigte seinen Arbeitsminister. Der soll den Steuerbetrug der reichsten Frau Frankreichs gedeckt haben.

Paris. Nach wochenlanger Kritik an der französischen Regierung – vor allem wegen eines mutmaßlichen Parteispendenskandals – hat Staatschef Nicolas Sarkozy einen Schlusstrich unter die Affären zu ziehen versucht. Frankreich habe wichtigere Probleme zu lösen, als sich mit „Verleumdungen“ und „Lügen“ aufzuhalten, sagte Sarkozy am Montagabend zur Hauptsendezeit in einem einstündigen Interview im Fernsehsender France 2. Der unter Beschuss stehende Arbeitsminister Eric Woerth sei „ein zutiefst ehrenhafter Mann“, betonte der Präsident. Er vertraue ihm uneingeschränkt. „Was für eine Zeitverschwendung!“, sagte Sarkozy zu den Unterstellungen, Woerth habe in seiner Zeit als Haushaltsminister einen Steuerbetrug der französischen Milliardärin Liliane Bettencourt gedeckt .

„Wie durch Zufall“ sei Woerth ausgerechnet jetzt in die Kritik geraten, wo er die von der konservativen Regierung geplante Rentenreform durchziehen solle, sagte der Präsident. Der Arbeitsminister habe die „Verleumdung und Lüge“ in den vergangenen drei Wochen mit einer „Würde“ ertragen, die der politischen Klasse Ehre mache. Die Inspekteure der Finanzdirektion hätten einen Zeitraum von zwei Jahren untersucht und festgestellt, dass Woerth sich als Haushaltsminister „niemals, in keiner Form“ mit Bettencourts Steuerakte befasst habe. Es gebe keinen Grund für ihn, sich von ihm zu trennen, betonte Sarkozy. Frankreich sei „kein korruptes Land“. Im Übrigen sei er gewählt worden, um die Probleme der Franzosen zu lösen, sagte der Staatschef, und dies seien etwa die Arbeitslosigkeit, das Rentensystem und die Sicherheit.

Die konservative Regierungspartei UMP steht im Verdacht, für Sarkozys Wahlkampf im Frühjahr 2007 eine rechtswidrige Spende in Höhe von 150.000 Euro von der reichsten Frau Frankreichs angenommen zu haben, der L'Oréal-Hauptaktionärin Bettencourt. Dies hatte deren langjährige Buchhalterin vor einer Woche bei der Polizei zu Protokoll gegeben. Claire T. zufolge verteilten Bettencourt und ihr Mann André, der Ende 2007 starb, regelmäßig großzügige Spenden an konservative Politiker. Es sei „ein Kommen und Gehen“ gewesen in der Villa im Nobelvorort Neuilly, sagte die frühere Angestellte aus.

Bettencourts Vermögensverwalter habe das Geld seinerzeit dem Schatzmeister der UMP bei einem Abendessen in einem Umschlag zugesteckt, sagte die frühere Buchhalterin, die einen Teil des Geldes selbst abgehoben haben will. Der Schatzmeister ist niemand anderer als Sarkozys Vertrauter Woerth, der derzeit als Arbeitsminister die unliebsame Rentenreform durchsetzen soll und das Vorhaben am Dienstag in der Ministerrunde vorstellen will.

Woerth steht zugleich in der Kritik, weil seine Frau für die Vermögensverwaltung von Bettencourt arbeitete, während er – noch als Haushaltsminister – zur Jagd auf Steuersünder geblasen hatte. In einem am Sonntag veröffentlichten Bericht des Finanzministeriums hieß es, Woerth sei zu dieser Zeit nicht mit Bettencourts Steuerakte befasst gewesen.

Der Bericht habe aber „natürlich nicht die gleiche Glaubwürdigkeit wie ein unabhängiges Prüfverfahren“, stellte Sarkozys parteiinterner Rivale fest, der frühere Regierungschef Dominique de Villepin. Frankreich brauche „keinen Astronauten als Präsident“. Sarkozy halte sich seit drei Jahren „in einer Blase“ auf und müsse endlich „landen“, forderte Villepin. In Umfragen steht der Präsident so schlecht da wie noch nie seit seinem Amtsantritt vor gut drei Jahren, nur noch 30 Prozent der Franzosen sind demnach zufrieden mit ihm.

Frankreich im Affären-Sommer