Präsident soll von der Kosmetik-Erbin Bettencourt illegale Spenden angenommen haben

Hamburg/Paris. Zunächst war es nur ein saftiger Gesellschaftsskandal, über den man sich genüsslich in den Salons der feinen Pariser Gesellschaft das Maul zerriss. Doch nun wird er unversehens zur Staatsaffäre, die längst auch den Präsidenten Nicolas Sarkozy selber in gefährlicher Weise erfasst hat.

Man hatte gespottet und gelästert darüber, dass die greise Liliane Bettencourt, Erbin des Weltkonzerns L'Oreal, und mit 17 Milliarden Euro Privatvermögen auf Platz 17 der reichsten Menschen der Welt rangierend, ihrem Vertrauten, dem Fotografen und Dandy François-Marie Banier, fast eine Milliarde Euro in Form von Geld, Immobilien, Gemälden und angeblich sogar einer kleinen Seychellen-Insel zukommen ließ. Nicht frei von Häme verfolgte man, wie Lilianes einzige Tochter Françoise daraufhin nichts unversucht ließ, um ihre 87-jährige Mutter vor Gericht entmündigen zu lassen. Der langjährige Bettencourt-Butler wiederum fertigte ein Jahr lang Tonbandmitschnitte der Gespräche im Hause an, um, wie sein Anwalt versicherte, zu beweisen, wie sehr Liliane Bettencourt von ihrer Umgebung ausgebeutet wurde.

Doch diese Bänder, die 21 Stunden an hochinteressanten Gesprächen abdecken und den Medien zugespielt wurden, hatten für die Justiz einen bemerkenswerten Nebeneffekt: Daraus ergab sich nämlich, dass der Finanzberater von Liliane Bettencourt, Patrice de Meistre, mit ihr erörterte, Teile ihres Vermögens ins Ausland zu transferieren und damit dem französischen Fiskus zu entziehen.

Pikant dabei: Die Frau des damaligen Finanzministers und selbst ernannten Steuer-Sheriffs Eric Woerth, Florence, arbeitete in derselben Firma wie Maistre. Woerth, seit März Arbeitsminister Frankreichs, verlieh Maistre sogar den Orden der Ehrenlegion - versäumte es aber irgendwie, gegen die Steuerhinterziehung der L'Oreal-Erbin vorzugehen, selbst als sein Ministerium davon Kenntnis erlangte. Möglicherweise spielte es dabei eine Rolle, dass Liliane Bettencourt zu den Großspendern der Regierungspartei UMP zählt. Schatzmeister der UMP ist - Eric Woerth. Vorübergehend konnte die Regierung den wachsenden öffentlichen Druck ableiten: durch die spektakuläre Entlassung von zwei Staatssekretären, von denen der eine Zigarren für 12 000 Euro auf Staatskosten orderte und der andere 16 500 Euro für einen Flug im Privatjet abrechnete.

Doch nun ist eine weitere Bombe geplatzt. Liliane Bettencourts ehemalige Buchhalterin Claire T. enthüllte gegenüber der Internet-Nachrichtensite mediapart, dass Nicolas Sarkozy 2007 während seiner Amtszeit als Bürgermeister des Pariser Edelvororts Neuilly illegal 150 000 Euro in bar für seinen Wahlkampf erhalten habe. Höchstsumme für eine Spende an einen Kandidaten ist in Frankreich 4500 Euro pro Jahr, für eine Partei 7500.

Wütend dementierte der Élysée-Palast, doch "Le Monde" prophezeite Sarkozy bereits einen "mörderischen Sommer". Claire T. machte präzise Angaben: Sie habe am 26. März 2007 persönlich 50 000 Euro abgehoben, doch das habe nicht gereicht. Maistre habe aus der Schweiz weitere 100 000 Euro besorgt. Er habe gesagt, er werde "sehr schnell mit Eric Woerth essen gehen, um ihm die 150 000 Euro zu übergeben", sagte die frühere Bettencourt-Buchhalterin.

Sie fügte hinzu, Maistres Frau Florence habe damals 13 000 Euro plus Prämien im Monat dafür bekommen, dass sie sich um das Bettencourt-Vermögen kümmere. Es wird geschätzt, dass die L'Oreal-Erbin rund 700 000 Euro an Zinsen einnimmt - pro Tag.

"Ständig marschierten Politiker durch das Haus, vor allem in Wahlkampfzeiten", erinnerte sich Claire T. "Sie alle kamen, um ihre Umschläge entgegenzunehmen - manchmal bis zu 100 000 oder sogar 200 000 Euro". Sarkozy sei damals regelmäßig Gast in der Villa gewesen und habe "auch immer seinen Umschlag bekommen".

"Korrupt und ausgebrannt" sei die Regierung, wettert die Opposition. Sarkozys Umfragewerte sind auf einem historischen Tiefpunkt. Er hat seinem Land einen rigiden Sparkurs samt einer umstrittenen Rentenreform verordnet - sich zugleich aber eine luxuriöse Präsidentenmaschine genehmigt - spöttisch "Air Sarko One" genannt.