Papst Franziskus fordert Rettungseinsätze für die Bootsflüchtlinge

Rom. Bei der jüngsten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer sind vermutlich viele Menschen ums Leben gekommen. Überlebende berichteten nach Angaben des Un-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) vom Mittwoch von etwa 300 Vermissten, deren Schlauchboote bereits am Montag bei hohem Wellengang gekentert seien. Insgesamt vier Boote sollen demnach am Sonnabend gemeinsam von der libyschen Küste Richtung der italienischen Insel Lampedusa gestartet sein.

Die italienische Küstenwache hatte zu Wochenbeginn nach einem Hilferuf per Satellitentelefon zunächst nur ein Boot entdeckt. 29 Flüchtlinge darauf waren bereits vor Eintreffen der Rettungskräfte erfroren oder während des Transports nach Lampedusa an Unterkühlung gestorben.

Am Mittwoch wurden neun Überlebende von zwei weiteren Booten entdeckt. Sie stammen aus Mali und dem Senegal und berichteten, auf ihren Booten hätten sich bei der Abfahrt 105 und 107 Menschen befunden. Zudem berichteten sie von einem weiteren Boot, das nun vermisst wird. An Bord soll sich auch ein zwölfjähriger Junge befunden haben. Bei schlechten Wetterverhältnissen suchte die italienische Küstenwache im Meer nach weiteren Überlebenden.

Papst Franziskus forderte unter dem Eindruck des Flüchtlingsunglücks verstärkte Rettungsanstrengungen im südlichen Mittelmeer. Er bete für die Opfer, sagte er bei der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz. Überdies rief er zu Solidarität mit den Flüchtlingen auf, damit es niemandem an der nötigen Hilfe mangele.

Flüchtlingshilfswerk der Uno wirft den EU-Staaten schwere Fehler vor

Das UNHCR warf der Euro-päischen Union mangelnde Bemühungen um Seenotrettung vor. „Die Rettung von Leben sollte unser wichtigstes Anliegen sein“, sagte der UNHCR-Verantwortliche für Europa, Vincent Cochetel. „Europa kann es sich nicht erlauben, zu spät zu wenig zu tun.“ Das UNHCR kritisierte insbesondere das Ende der italienischen Rettungsaktion „Mare Nostrum“, die im ver-gangenen Jahr aufgrund mangelnder Unterstützung aus Europa eingestellt worden war. Die EU organisiere zwar Patrouillenfahrten, allerdings nicht im gesamten Mittelmeer, sondern nur wenige Kilometer vor der italienischen Küste.

Seit Anfang 2014 sind mehr als 150.000 Migranten in oft kaum seetauglichen Booten über das Mittelmeer nach Italien gelangt. Viele von ihnen stammen aus Kriegs- und Konfliktregionen. Hunderte sterben jedes Jahr beim Versuch, das Mittelmeer Richtung Europa zu überqueren.

Unterdessen räumte Marokko Flüchtlingslager in der Nähe der spanischen Exklave Melilla und nahm etwa 1200 Migranten fest. Die meisten von ihnen seien mit Bussen in entlegene Gebiete des Landes gebracht worden, teilte die marokkanische Vereinigung für Menschenrechte mit. Die Razzia habe begonnen, kurz nachdem das Innenministerium angekündigt hatte, die Lager abreißen zu wollen.