Im vom Sparkurs gezeichneten Griechenland wählen die Bürger die Wende. Laut aktuellen Prognosen kann das Linksbündnis um Alexis Tsipras auf die absolute Mehrheit hoffen.

Athen. Das linke Oppositionsbündnis Syriza hat die Parlamentswahl in Griechenland klar gewonnen und könnte möglicherweise sogar alleine regieren. Nach offiziellen Hochrechnungen vom Sonntagabend kam die Partei von Alexis Tsipras auf 150 der 300 Mandate im Parlament. Mit einer Fehlerquote von einem Mandat könnte sie aber die eigene Regierungsmehrheit von 151 Mandaten noch erreichen, wie das Innenministerium mitteilte. Ansonsten könnte Syriza auch eine Minderheitsregierung bilden oder Koalitionspartner suchen.

Der amtierende griechische Ministerpräsident Antonis Samaras hat nach Angaben des Linksbündnisses Syriza seine Niederlage bei der Parlamentswahl eingeräumt. Der Politiker der konservativen Partei Nea Dimokratia habe Syriza-Chef Alexis Tsipras nach der Bekanntgabe erster Hochrechnungen angerufen und ihm zum Wahlsieg gratuliert, teilte Tsipras' Büro der Nachrichtenagentur AFP in Athen mit. Tsipras habe geantwortet, in der Politik gebe es „Freude und Sorgen“.

Alexis Tsipras, hat am Sonntag erklärt, Griechenland schlage eine neue Seite auf. „Wir haben heute Geschichte geschrieben“, sagte Tsipras vor Tausenden jubelnden Wählern seiner Partei im Zentrum Athens. Gleichzeitig aber signalsierte er seine Bereitschaft, über die Lösung des Problems des griechischen Schuldenberges zu verhandeln.

„Ab morgen beginnt die harte Arbeit“, sagte Tsipras. Seine Regierung sei bereit, mit den Partnern in der EU über eine „gerechte und praktikable Lösung“ zu sprechen. Als Ziele nannte er einen ausgeglichenen Haushalt und ein eigenes Konsolidierungsprogramm für das hoch verschuldete Land.

+++ So war der Wahltag +++

Für eine linksradikale Partei in Griechenland ist das Wahlergebnis ein historischer, noch nie dagewesener Erfolg. Der 40-jährige Tsipras wäre zudem der jüngste Regierungschef des Landes seit 150 Jahren.

„Klar ist, dass wir einen historischen Erfolg errungen haben, der eine Botschaft nicht nur an das griechische, sondern alle europäischen Völker ist“, sagte Syriza-Sprecher Panos Skourletis im Fernsehsender Mega. „Es gibt eine große Erleichterung unter allen Europäern. Die einzige Frage ist, wie groß der Sieg ausfällt.“

Erste amtliche Ergebnisse bei einem Auszählungsstand von 17,6 Prozent sahen Syriza bei 35 Prozent der Stimmen, die bisher regierende konservative Partei Nea Dimokratia von Ministerpräsident Antonis Samaras lag demnach mit 29,3 Prozent auf Platz Zwei. Der staatliche Sender Nerit TV hatte zuvor für Syriza 36 bis 38 Prozent und für ND 26 bis 28 Prozent der Stimmen prognostiziert.

Gesundheitsminister Makis Voridis gestand die Niederlage seiner Nea Dimokratia ein. „Wir haben verloren“, sagte er dem Sender Mega TV. Die Sparpolitik seiner Regierung habe Sinn gemacht, sei aber zu einem vorzeitigen Ende gebracht worden, bevor sie Früchte tragen habe können, sagte er.

Der Minister für Verwaltungsreformen, Kyriakos Mitsotakis, gratulierte Syriza und erklärte, deren Sieg könne nicht angezweifelt werden. „Es ist offensichtlich, dass das griechische Volk glaubt, dass es einen anderen Weg nach vorne gibt als den von der Regierung beschriebenen. Für das Wohl des Landes hoffe ich, sie haben recht“, sagte er.

Tsipras hatte versprochen, das 240 Milliarden Euro schwere Rettungspaket für Griechenland neu aushandeln und die dafür nötigen schmerzhaften Reformen abmildern zu wollen. Seine Rhetorik gegen den Sparkurs war bei den Wählern auf offene Ohren gestoßen. In den vergangenen fünf Jahren war ein Fünftel der griechischen Wirtschaft ausgelöscht worden, die Arbeitslosenquote auf mehr als 25 Prozent gestiegen und die Griechen hatten im Schnitt Einkommenseinbußen von mindestens 30 Prozent hinnehmen müssen.

Auf dem dritten Platz lag die rechtsextreme Goldene Morgenröte, deren Parteiführung wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung der Prozess gemacht werden soll. Dicht dahinter war nach den ersten amtlichen Ergebnissen die neue, in der politischen Mitte angesiedelte Partei To Potami mit 5,6 Prozent.