Brüssel. Die EU-Kommission hat ihre Untersuchung zu Steuerabsprachen zwischen Behörden und Firmen auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet. Brüssel werde im Zuge der Prüfung auf unzulässige Staatsbeihilfen die EU-Mitglieder auffordern, „Informationen zu ihrer Praxis“ bei den sogenannten tax rulings zu liefern, teilte die Kommission am Mittwoch in Brüssel mit. Dabei gehe es nicht nur allgemein darum, ob es solche Steuerabsprachen gebe; die Regierungen sollten vielmehr „eine Liste mit allen Unternehmen, die zwischen 2010 und 2013 tax rulings erhalten haben“, vorlegen.

Die EU-Kommission ermittelt bisher gegen Luxemburg, die Niederlande und Irland wegen des Verdachts unzulässiger Steuervorteile für internationale Großunternehmen. Diese könnten nach EU-Recht eine unzulässige Beihilfe darstellen. Durch die Affäre ist insbesondere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unter Beschuss geraten, der rund zwei Jahrzehnte Regierungschef und Finanzminister Luxemburgs war und für die Praxis auf Kosten anderer EU-Länder mitverantwortlich gemacht wird.

Anfang November hatte ein Recherchenetzwerk detailliert über 340 Fälle berichtet, in denen Konzerne in Luxemburg über tax rulings Steuerzahlungen vermeiden. Durch diese Abmachungen lassen sich Firmen von den Behörden im Voraus vorteilhafte Steuerkonstrukte absegnen. Ermittlungen der Kommission im Falle des Großherzogtums laufen derzeit zum Internet-Händler Amazon und einer Finanztochter des Fiat-Konzerns. Bei den Niederlanden geht es um mögliche illegale Steuervorteile für die Kaffeehauskette Starbucks, bei Irland um Absprachen mit dem Computerkonzern Apple.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verwies darauf, dass das angekündigte Vorgehen „mit den jüngsten Rufen nach mehr Transparenz bei den tax rulings“ einhergeht und insbesondere mit der Ankündigung Junckers, europaweit einen automatischen Austausch der umstrittenen Steuerbeschlüsse zwischen den Mitgliedstaaten einzuführen.