Warschau. Polen hat seinen ersten schwulen Bürgermeister: Bei der zweiten Runde der Kommunalwahl am Sonntag wurde Robert Biedron zum Stadtoberhaupt von Slupsk im Norden des Landes gewählt, wie aus am Montag veröffentlichten Ergebnissen hervorgeht. Polen war lange Zeit von einem tiefen römisch-katholischen Konservatismus geprägt. Die Wahl deutet auf eine wachsende Toleranz für Schwule und Lesben in dem Land hin. So hatten sich neben Biedron so viele Homosexuelle wie nie zuvor aufstellen lassen. Allerdings gewann von ihnen keiner einen Sitz. Viele von ihnen sind jung und traten erstmals zu einer Wahl an. Darüber hinaus kandidierten sie für linke Parteien, die nicht so gut abschnitten.

Biedron hat sich dem Kampf gegen Homophobie gewidmet. 2001 gründete er eine Nichtregierungsorganisation, die gegen sexuelle Diskriminierung kämpft. 2002 gab er öffentlich zu, schwul zu sein, was die jetzige Premierministerin Ewa Kopacz damals kritisierte und sagte, dass er sich damit „praktisch unwählbar“ gemacht habe. 2011 zog Biedron jedoch als Mitglied der Partei Twoj Ruch ins polnische Parlament ein – und wurde seitdem viermal wegen seiner Geschlechtsorientierung verprügelt. Das letzte Mal nach der „Parade der Gleichheit“ in Warschau.

Die Arbeit als Parlamentsabgeordneter brachte Biedron in die Stadt Slupsk, wo er als Abgeordneter sein Büro eröffnete. „Es bildeten sich Schlangen vor meiner Tür. Ich war wie ein Arzt, dem die Bewohner von den Problemen erzählten“, sagte Biedron. Obwohl mehrmals für seine effektive Arbeit im Parlament ausgezeichnet, entschied er sich, für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren. Im Wahlkampf erklärte er, er wolle die Stadt zum Vorreiter im Umweltschutz und in den Umwelttechnologien machen. Außerdem wolle er durch eine „bescheidene“ Bürgermeisterschaft die Stadt wieder schuldenfrei und stolz machen. Der Kandidat joggte öffentlich, besuchte Schulen, Kindergärten und sogar ein Fußballspiel der lokalen Mannschaft, auf dem die Hooligans schwulenfeindliche Sprüche skandierten.