Rom. Es ist nicht nur ein Phänomen in Industrienationen: Auch in Entwicklungsländern leiden immer mehr Menschen an Übergewicht. Während weltweit derzeit mehr als 800 Millionen Menschen hungern, sind etwa 1,5 Milliarden Männer, Frauen und Kinder zu dick. Davon leidet etwa ein Drittel an krankhafter Fettleibigkeit. In Entwicklungsländern werden lokal erzeugte Getreide, Gemüse und Fleisch durch importierte Fertigprodukte verdrängt. Diese enthalten meist viel Zucker, Fett und Salz, aber zu wenig Ballaststoffe, Vitamine und andere wichtige Nahrungselemente.

Die Uno-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) spricht bereits von einer „Epidemie“ des Übergewichts. Weltweit sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 3,4 Millionen Menschen pro Jahr an den Folgen. Übergewicht erhöht das Risiko, an Diabetes, Herzleiden und bestimmten Krebsarten zu erkranken. Bei Kindern hemmt es die Entwicklung. „Wir sind schon froh, wenn der Trend nicht noch weiter nach oben geht“, kommentiert der WHO-Experte Leo Nederveen die Zahlen. „Gesundes Essen muss billiger werden“, fordert er am Rand der Welternährungskonferenz in Rom.

Wenn Gemeinschaften in Afrika, Lateinamerika oder Asien ihre eigenen Feldfrüchte durch Fertigpizza, Pommes frites, Eintopfkonserven und Schokoriegel ersetzen, ist das besonders riskant. Denn unterernährte Menschen sind besonders anfällig, Übergewicht zu bekommen, wie der WHO-Experte erläutert. Der Organismus hat sich auf Mangel eingestellt, die verfügbare Nahrung wird besonders effektiv genutzt. Wer dann zu viel isst, setzt schneller Fett an als Menschen, die sich ausreichend ernährt haben. Für das katholische Hilfswerk Misereor sind Hunger und Übergewicht zwei Seiten von Armut und die Folge eines fehlgeleiteten Ernährungssystems.