Im Westjordanland und Ostjerusalem kommt es zu Protesten. Massives Polizeiaufgebot

Jerusalem/Ramallah. In Jerusalem und dem Westjordanland ist es am Freitag erneut zu Ausschreitungen gekommen. Der befürchtete Gewaltausbruch blieb aber aus. Die palästinensische Fatah-Partei hatte zu einem „Tag des Zorns“ aufgerufen. Rund 1000 israelische Polizisten waren im Einsatz. Unterstützt wurden sie von Beamten in Zivil und Überwachungsballons. Nach einem Attentat auf den rechtsgerichteten jüdischen Aktivisten Jehuda Glick und die Tötung des mutmaßlichen palästinensischen Attentäters waren die Spannungen gewachsen. Junge Palästinenser versuchten, sich trotz eines Verbots Zugang zum Tempelberg zu verschaffen. Der Zutritt zum Tempelberg, wo Muslime sich zum Freitagsgebet versammeln, war zuvor aus Sicherheitsgründen auf Männer über 50 Jahre und Frauen beschränkt worden.

Die Nachrichtenseite „ynet“ berichtete, dass Polizisten die Demonstranten gestoppt hätten. Zur gleichen Zeit hätten andere Protestierende Feuerwerkskörper von angrenzenden Dächern auf Sicherheitskräfte gefeuert. Trotz der Zwischenfälle nannte die israelische Polizei die Lage in der Altstadt „relativ ruhig“. Grund dafür sei das große Polizeiaufgebot, schrieb Polizeisprecher Micky Rosenfeld am Nachmittag auf Twitter.

Bei Protesten am Grenzübergang Kalandia nahe Ramallah wurden drei Palästinenser durch Schüsse israelischer Sicherheitskräfte verletzt, berichteten palästinensische Medien. Die Sicherheitskräfte hätten mit Tränengas, Gummigeschossen und auch scharfer Munition auf die Demonstranten gefeuert. Auch aus anderen Teilen des Westjordanlands wurden Zusammenstöße gemeldet. Proteste gab es demnach nahe Hebron und Bethlehem, außerdem in Ostjerusalem.

In Jerusalem waren Krawalle befürchtet worden. Die Fatah-Partei, der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vorsitzt, hatte die Palästinenser aufgefordert, „ihre Ablehnung gegen jeden Versuch, den heiligen Orten zu schaden“, auszudrücken. Gemeint war unter anderem die Schließung des Tempelbergs am Donnerstag: Zum ersten Mal seit Jahren war das Gelände für alle Besucher gesperrt worden.

Das Gebiet in der Altstadt von Jerusalem ist Muslimen und Juden heilig und wird seit dem Krieg 1967 von Jordanien verwaltet. Nach jordanischen Angaben stimmten die israelischen Behörden nach einer persönlichen Intervention von König Abdullah der Teilöffnung des Tempelbergs zu. Der Monarch habe angeführt, dass die Sperrung nur die Spannungen zwischen den Religionsgruppen erhöhe und den politischen Konflikt verschärfe.

US-Außenminister John Kerry verurteilte das Attentat auf Glick. Zugleich warnte er vor einer Ausweitung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern. Es sei entscheidend, dass alle Seiten sich zurückhielten und provozierende Handlungen vermieden, teilte Kerry in Washington mit. Auch die Bundesregierung hat das Attentat verurteilt und eine schnelle Aufklärung der Hintergründe gefordert. Zugleich warnte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin vor einer weiteren Eskalation in der Stadt. Jerusalem brauche jetzt ein klares Bekenntnis zu einem friedlichen Zusammenleben der Religionen. Zudem müsse ein freier Zugang zu den heiligen Stätten gewährleistet werden.

Der Gesundheitszustand von Glick stabilisierte sich laut örtlichen Medienberichten. Er sei allerdings nach wie vor ohne Bewusstsein und werde beatmet. Die deutsche Bundesregierung verurteilte das Attentat. Die Auseinandersetzung über Jerusalem dürfe nicht mit Gewalt ausgetragen werden, erklärte eine Sprecherin des Bundesaußenministeriums. Für die unterschiedlichen Religionen müsse der freie Zugang zu den heiligen Stätten gewährleistet sein.

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, rief dazu auf, Ruhe zu bewahren. In einer Botschaft forderte der Kirchenführer, nach einer wirksamen Lösung zu suchen, um den Charakter der für Juden, Christen und Muslime heiligen Stadt zu bewahren. Keine andere Stadt der Welt habe einen vergleichbaren Status für die drei Religionen wie Jerusalem. Deshalb gelte es, schnellstmöglich Frieden und Sicherheit für die Bewohner und Pilger wiederherzustellen.

Seit Wochen wachsen die Spannungen in Ostjerusalem, das nach dem Willen der Palästinenser Hauptstadt ihres Staates werden soll. Angeheizt wurde die Stimmung durch den Ausbau jüdischer Siedlungen dort und den jüngsten Krieg im Gazastreifen.