Die IS-Dschihadisten haben mehrere Viertel von Kobane eingenommen. Die US-Luftwaffe hat erstmals einen Kampfhubschrauber im Irak eingesetzt. Mehr als 186.000 Menschen sind vor den Kämpfen in die Türkei geflohen.

Suruc. Die Kämpfe zwischen Extremisten der Gruppe Islamischer Staat (IS) und kurdischen Milizionären in der nordsyrischen Stadt Kobane haben sich nach Angaben von Aktivisten auf Viertel im Süden und Westen ausgeweitet. Zudem habe es neue Luftangriffe der US-geführten Koalition auf IS-Stellungen im Osten der Stadt gegeben, teilten die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und ein Aktivist vor Ort am Dienstag mit. Die IS-Dschihadisten hatten zuvor drei Viertel im Osten der syrischen Stadt an der Grenze zur Türkei erobert. Erstmals setzten die USA bei ihren Angriffen gegen den IS im Irak Kampfhubschrauber ein.

Der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, sprach von „guerillaartigen“ Kampfszenen in Kobane. Hunderte Zivilisten seien aus Angst vor den Dschihadisten, die für ihre brutale Gewalt bekannt sind, aus dem Osten der Stadt in die Türkei geflohen.

Trotz heftiger Gegenwehr der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) und Luftangriffen der internationalen Militärallianz rücken die Dschihadisten seit Tagen unaufhaltsam vor. Am Montag hissten sie zwei schwarze Fahnen am Ostrand der Stadt, wie ein AFP-Fotograf von der türkischen Seite der Grenze beobachtete. Sollte es ihnen gelingen, die auf Arabisch Ain al-Arab genannte Stadt einzunehmen, würden sie ein langes Stück der türkisch-syrischen Grenze kontrollieren.

Der örtliche Kurdenvertreter Idris Nahsen bestätigte am Telefon, dass es im Ostteil der Stadt heftige Gefechte gebe. Zugleich kritisierte er, die US-geführten Luftangriffe reichten nicht aus. Die Peschmerga bräuchten Waffen und Munition. Der kurdische Journalist Mustafa Bali sagte, angesichts der Straßenkämpfe hätten die kurdischen Milizen die verbleibenden Zivilisten aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Bereits mehr als 186.000 Menschen flohen vor den Kämpfen in die Türkei. Ankara hat zwar Truppen an der Grenze zusammengezogen, doch bisher nicht in die Kämpfe eingegriffen.

Gefährliche Helikopter-Einsätze

In Syrien bombardierte die US-geführte Koalition am Sonntag und Montag IS-Stellungen nahe Raka, Deir Essor und Kobane, wie das US-Nahostkommando (Centcom) mitteilte. Im Irak seien drei Angriffe gegen die Dschihadisten nahe Falludscha und Ramadi geflogen worden, an denen Belgien und Großbritannien beteiligt gewesen seien.

Derweil setzte die US-Luftwaffe nach eigenen Angaben erstmals Kampfhubschrauber gegen den IS im Irak ein. Die Helikopter hätten sich auf Anfrage der irakischen Regierung am Sonntag und Montag an mehreren Angriffen beteiligt, teilte das Centcom mit. Da die Hubschrauber tiefer und langsamer fliegen als Kampfjets und Bomber, sind sie bei feindlichen Angriffen stärker gefährdet. Wo genau die Helikopter zum Einsatz kamen, wurde nicht mitgeteilt.

Bei einem IS-Angriff im Osten Iraks wurden laut Sicherheitskräften mindestens fünf Kurdenkämpfer getötet. Der IS habe von Dschalaula aus Verteidigungsstellungen der Peschmerga etwa fünf Kilometer außerhalb der Stadt attackiert, sagte ein ranghoher kurdischer Offizier am Montagabend. Der IS hatte die strategisch wichtige Stadt Dschalaula nordöstlich von Bagdad am 11. August eingenommen.

Das Pentagon gab neue Zahlen zu den bisherigen Luftangriffen gegen den IS bekannt. Demnach führten arabische und andere verbündete Staaten der USA rund zehn Prozent der Angriffe aus, nämlich knapp 195 von insgesamt fast 2000 Einsätzen. Die beteiligten arabischen Staaten – Bahrain, Jordanien, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – geben nur ungern Auskunft über ihr Engagement. Dieses hat jedoch für Washington und den Westen hohen symbolischen Wert.

Von den westlichen Ländern haben bislang Frankreich, Belgien, Großbritannien, Dänemark, die Niederlande und Australien Fluggerät für den Einsatz gegen den IS bereit gestellt. Die bislang abgefeuerte Munition hatte laut Centcom einen Wert von rund 62,4 Millionen Dollar (knapp 50 Millionen Euro). Die Luftangriffe im Irak begannen am 8. August, am 23. September wurden sie auf IS-Stellungen in Syrien ausgeweitet.