Nach der Ablehnung der Unabhängigkeit ist die Debatte über mehr Rechte für Schottland eröffnet. Doch Cameron hat noch mehr im Sinn. Auch im Netz ließen die Reaktionen nicht lange auf sich warten.

London/Edinburgh. Nach dem „Nein“ der Schotten zu einer Abspaltung von Großbritannien hat der britische Premierminister David Cameron dem nördlichen Landesteil mehr Rechte versprochen. Die Verhandlungen über eine weitere Verlagerung von Autonomiebefugnissen von London nach Schottland sollen noch im November beginnen. Bereits für Januar ist ein Gesetzentwurf geplant, der die neuen Regelungen festschreibt, kündigte Cameron am Freitag in der Downing Street an.

Schottland hatte sich beim Referendum über seine Unabhängigkeit mit klarer Mehrheit für den Fortbestand der vor 307 Jahren geschaffenen britischen Union ausgesprochen. Die Entscheidung war auch international mit großer Spannung erwartet worden. Ein „YES“ zur Unabhängigkeit hätte auch große Auswirkungen auf die Europäische Union gehabt.

Knapp über zwei Millionen Wähler und damit 55 Prozent stimmten mit „Nein“ und entschieden sich für den Verbleib bei Großbritannien. Mehr als 1,6 Millionen Schotten hatten sich nach dem vorläufigen offiziellen Endergebnis bei dem Urnengang am Donnerstag für die Loslösung ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag mit rund 85 Prozent so hoch wie noch nie in Schottland. Allerdings war sie in den „YES“-Hochburgen niedriger als erwartet. „Das Volk hat gesprochen und das Resultat ist klar“, sagte Cameron am Morgen.

Der britische Regierungschef kündigte an, die Föderalismus-Debatte nun auch in England führen zu wollen, dem mit Abstand größten der vier Landesteile Großbritanniens. „Genau wie Schottland separat im schottischen Parlament über seine Steuer- und Sozialangelegenheiten bestimmen wird, so sollten auch England genauso wie Wales und Nordirland in der Lage sein, über diese Dinge abzustimmen.“

Die oppositionelle Labour-Partei hatte ein eigenes Regionalparlament auch für England vorgeschlagen. Der größte britische Landesteil hat als einziger bisher keine eigene, dezentralisierte Volksvertretung. Die regierenden Konservativen favorisieren jedoch eine Ausnahmeregelung für Abgeordnete in Westminster, etwa dass schottische Abgeordnete über englische Gesetze nicht im Unterhaus nicht mehr mitstimmen könnten. Dies hätte bei der gegenwärtigen Konstellation erhebliche Nachteile für die in Schottland vergleichsweise starke Labour-Partei.

Zu diesem Zeitpunkt keine Unabhängigkeit

Der schottische Ministerpräsident Alex Salmond und seine Stellvertreterin Nicola Sturgeon räumten ihre Niederlage noch vor dem Ende der Auszählung aller Stimmen ein. Nur 4 der 32 Wahlbezirke – 3 in Glasgow und Umgebung sowie die Hochburg Dundee – hatten sich für die Unabhängigkeit ausgesprochen. „Ich akzeptiere das Urteil des Volkes, dass es zu diesem Zeitpunkt keine Unabhängigkeit geben soll“, sagte Salmond vor Anhängern und fügte hinzu: „Danke Schottland für 1,6 Millionen Stimmen für die Unabhängigkeit.“

Wie Salmond sprach sich auch sein Kontrahent im Wahlkampf, der Labour-Politiker Alistair Darling, für die Verlagerung weiterer Autonomierechte von London nach Edinburgh aus. „Keine Unabhängigkeit heißt nicht: kein Wandel“, sagte Darling. In Edinburgh und vielen anderen Städten Schottlands hatten sich Anhänger seiner „No“-Kampagne versammelt, um das Ergebnis zu feiern. Einige hatten die ganze Nacht vor den Fernsehbildschirmen ausgeharrt.

Die Märkte reagierten weitgehend positiv auf den Ausgang des schottischen Referendums. Es sei „der Unsicherheitsfaktor, der in den vergangenen Wochen vieles überlagert hat, vom Tisch“, schrieben die Analysten der DZ Bank. Das britische Pfund reagierte mit einem Kurssprung gegenüber Euro und US-Dollar. Auch der Dax legte im frühen Handel leicht zu.

Reaktionen nach dem Referendum im Netz