Merkel lehnt Stationierung mit Rücksicht auf Moskau ab. Baltische Staaten enttäuscht von Berlin

Brüssel. „Es gibt nur wenige Dinge im Leben, die von Dauer sind“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Die Zuhörer lachten, und Rasmussen hatte erreicht, was er wollte: Er hatte abgelenkt von einer der härtesten Auseinandersetzungen in der Nato seit Jahren. Mittendrin: Deutschland. Es geht um die Frage, wie das Verteidigungsbündnis künftig mit Russland umgehen will. Will man mehr Druck ausüben und die Abschreckung erhöhen, oder will man – wie Deutschland – weiter vor allem auf Entspannung setzen und nur das Nötigste tun, um Verteidigungsbereitschaft zu demonstrieren?

Berlin drängt nach Abendblatt-Informationen, die Bedeutung der Nato-Russland-Grundakte in einer Extra-Erklärung zu unterstreichen – das Dokument von 1997 atmet den Geist der Entspannung mit Russland und verbietet die „permanente Stationierung substanzieller Kampftruppen“ in Osteuropa und im Baltikum. Daran hat man sich bis heute gehalten.

Die baltischen Staaten, zahlreiche Osteuropäer, wie Polen, und Kanada wollen die Vereinbarung jetzt kippen. Ziel ist es, bei einer weiteren russischen Aggression künftig zumindest die Möglichkeit zu haben, die militärische Präsenz in Osteuropa weiter zu erhöhen, notfalls auch Panzer und Kampftruppen dauerhaft zu stationieren. Genau dies will Deutschland verhindern. Der Zorn der Osteuropäer und Balten auf Berlin und die Enttäuschung über Kanzlerin Angela Merkel ist derzeit so groß wie noch nie.

Rasmussen kündigte am Montag an, dass die Allianz ihre Präsenz in Osteuropa und ihre Reaktionsfähigkeit bei Krisen „bedeutend“ erhöhen will. Dazu soll beim Nato-Gipfel in Wales in dieser Woche ein „Bereitschafts-Aktionsplan“ verabschiedet werden.

„Dieser Plan ist eine Antwort auf Russlands aggressives Verhalten“, sagte Rasmussen. Der Plan werde sicherstellen, „dass wir die richtigen Truppen und die richtige Ausrüstung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort haben“, erklärte der Nato-Chef.

Geplant ist, dass die Nato erstmals dauerhaft Truppen in Osteuropa stationiert und mehrere Stützpunkte einrichtet, in denen multinationale Unterstützungstruppen untergebracht sind, die Übungen planen und die Einsätze der schnellen Eingreiftruppe unterstützen. Rasmussens sprach von einem „starken Abschreckungseffekt“. Letztlich sind die neuen Nato-Einsatzpläne, die am Donnerstag verabschiedet werden sollen, ein Kompromiss: Berlin will auf keinen Fall mehr, den Osteuropäern reicht es nicht. Der Konflikt wird auch nach Wales weitergehen.