Zustrom minderjähriger Einwanderer aus Mittelamerika hält an. 1000 Nationalgardisten sollen Massenflucht eindämmen

Austin. Angesichts des Zustroms Zehntausender unbegleiteter Kinder aus Mittelamerika schickt Texas bis zu 1000 Nationalgardisten an die Grenze zu Mexiko. Der US-Bundesstaat habe nach „Lippenbekenntnissen und leeren Versprechungen“ aus Washington eine Pflicht zum Handeln, sagte Gouverneur Rick Perry. Den Einsatz der Nationalgarde begründete er damit, dass Kriminelle die Massenflucht minderjähriger Migranten inzwischen für Menschen- und Drogenhandel ausnützten. Die Nationalgarde ist eine nach Bundesstaaten organisierte paramilitärische Einheit, die meist dem Befehl des jeweiligen Gouverneurs untersteht. Die Soldaten sollen in den kommenden Wochen an der Grenze stationiert werden.

„Ich werde nicht untätig zusehen, wie unsere Bürger attackiert und kleine Kinder aus Zentralamerika im Elend verhaftet werden“, erklärte Perry. „Es gibt keine nationale Sicherheit ohne Sicherheit an den Grenzen. Texas hat einen zu hohen Preis bezahlt für das Scheitern der Zentralregierung, unsere Grenzen zu sichern.“ Der republikanische Gouverneur hatte die Reaktion der US-Regierung auf die Krise an der Grenze zuletzt scharf kritisiert.

Die Polizei an der mexikanisch-amerikanischen Grenze ist vom Strom illegaler Kindermigranten hoffnungslos überfordert. Täglich kommen etwa 250 Kinder ohne Eltern oder Verwandte illegal über die Grenze. Seit Oktober sind es allein aus Zentralamerika mehr als 57.000, meist Teenager, aber auch erst Fünfjährige. Die meisten kommen aus Guatemala, Honduras und El Salvador und flüchten vor Gewalt, organisierter Kriminalität oder schlechten wirtschaftlichen Aussichten in ihren Heimatländern. Derzeit sind in der betroffenen Region bereits mehr als 3000 Beamte des Grenzschutzes im Einsatz.

Doch auch an den neuen Plänen Perrys regt sich Widerstand: Demokraten und einige Sherriffs im US-Staat betrachten die Mobilisierung der Nationalgarde als undurchdachte Militarisierung. Ihre Entsendung dürfte Texas zudem zwölf Millionen Dollar im Monat kosten. Der Generaladjutant von Texas, John Nichols, wiegelte jedoch ab. Die Nationalgardisten würden nur Migranten „anzeigen und abschrecken“ und niemanden verhaften. Allerdings könne die Nationalgarde im Notfall Menschen in Gewahrsam nehmen, fügte er hinzu.

Gut drei Monate vor den Kongresswahlen ist das Thema der Kinderflüchtlinge zum Politikum in den USA geworden. Präsident Barack Obama hatte den Kongress bereits kürzlich aufgefordert, 3,7 Milliarden Dollar (2,7 Milliarden Euro) für verstärkte Grenzkontrollen und den Kampf gegen Menschenhändler freizugeben. Die Mittel sollen an eine Reihe von Ministerien und Behörden gehen, um die Unterbringung der Einwanderer zu gewährleisten und den Abschiebeprozess zu beschleunigen. Die republikanische Mehrheit im Kongress hatte aber Vorbehalte gegen den Vorschlag des demokratischen Präsidenten. Das Weiße Haus hatte Anfang der Woche mitgeteilt, dass sich die Zahl der illegal eingereisten Kinder von Juni zu Juli halbiert habe. Dies sei das Ergebnis „aggressiver Bemühungen auf beiden Seiten der Grenze, um illegale Einwanderung zu stoppen“. Obama und Vize-Präsident Joe Biden waren zuvor mit dem Homeland Security Council zusammengekommen, einem für Fragen der inneren Sicherheit zuständigen Behördengremium.

Washington hat zudem in den vergangenen Wochen seine Zusammenarbeit mit den zentralamerikanischen Staaten ausgebaut, um Minderjährige davon abzubringen, sich oftmals mit Hilfe von Schlepperbanden auf die gefährliche Reise in die USA zu machen. Am Freitag empfängt Präsident Obama die Präsidenten aus Honduras, El Salvador und Guatemala in Washington zu Gesprächen. Dem Weißen Haus zufolge soll es dann darum gehen, „wie die Vereinigten Staaten und zentralamerikanische Regierungen sichere, rechtmäßige und geordnete Migration befördern können“.