Edinburgh/London. Ein beträchtlicher Teil der Briten will raus aus der EU. Die 27,5 Prozent für den UKIP-Chef und Brüssel-Gegner Nigel Farage bei der Europawahl haben das wieder bestätigt. In Schottland aber landete UKIP mit gut zehn Prozent auf Platz vier, die Parteien noch weiter rechts blieben bedeutungslos. Die Schotten, kann man vereinfacht sagen, wollen in der EU bleiben. Dafür will aber ein großer Teil raus aus Großbritannien. Je nach Umfrage tendierten zum offiziellen Wahlkampfstart am Freitag 30 bis 40 Prozent zu einem „Yes“ zur Unabhängigkeit beim Referendum am 18. September. Der UKIP-Wahlsieg hat den Nationalisten neue Munition geliefert, allen voran der in Edinburgh mit absoluter Mehrheit regierenden Nationalpartei SNP. Vize-Regierungschefin Nicola Sturgeon packte die Chance gleich am Schopf: UKIP gefährde Schottlands Platz in Europa, denn die Europafeinde seien es, die in Westminster das Sagen hätten. Verkürzt: Wollen wir die EU, müssen wir raus aus dem Königreich.

Die SNP geht davon aus, dass sie in den etwa eineinhalb Jahren zwischen Referendum und Austritt – geplant für das Frühjahr 2016 – mit der EU über die Mitgliedschaft verhandelt. „Schottland ist schon Mitglied, es besteht also kein Zweifel, dass wir die Anforderungen erfüllen“, argumentiert die Kampagne „Yes Scotland“. Aber nicht nur die EU, auch die Nato könnte ein britisches Erdbeben erschüttern. England stünde vor einem riesigen Problem, wenn Schottland am Flottenstützpunkt Falslane wie angekündigt keine Atom-U-Boote mehr dulden würde. Das Land auseinanderzureißen sei ein Geschenk für Diktatoren, Unterdrücker und Aggressoren, sagte der frühere Nato-Chef George Robertson. Sicher ist vor allem eines: Was ein Ja im September bedeuten würde, lässt sich im Voraus nicht absehen.