Bildungsinstitut Russkij Mir ist Teil einer politischen und kulturellen Kampagne. Dies wird schon an der Person Wjatscheslaw Nikonows deutlich, der die gesamte Stiftung leitet.

Hamburg. „Und wir werden dich bewahren, du russische Sprache, du großes russisches Wort ...“ Die poetischen Worte von Anna Achmatowa, (1889–1966) Russlands bedeutendster Dichterin, zieren als Motto das Internetportal der Stiftung Russkij Mir. Deren offizielle Aufgabe ist es, die russische Sprache und Kultur in der Welt bekannter zu machen. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Russkij Mir darin nicht von den deutschen Goethe-Instituten, dem Institut Français oder dem spanischen Instituto Cervantes. Letztere haben Ableger auch in Hamburg; Russkij Mir gab es bisher nur in Nürnberg und Dresden. Nun ist die Stiftung auch in der Hansestadt vertreten – in den Räumen der Reederei Laeisz an der Trostbrücke. Anlässlich der Eröffnung gab es einen Senatsempfang – dem aber einige Politiker fernblieben.

Ein Institut, das die Aufgabe hat, die russische Kultur „als wichtiges Element der Weltzivilisation“ zu verbreiten, besitzt in der gegenwärtigen Krisenlage einen besonderen, problematischen Stellenwert. Denn Russlands Präsident Wladimir Putin wird bekanntlich nicht müde, die „russische Kultur“ als sinnstiftendes Gegenmodell zu jener der USA und der Europäischen Union zu preisen.

Das nun in Hamburg eröffnete russische Institut dient daher nicht allein zur Förderung der russischen Sprache; es ist Teil eines politisch-kulturellen Feldzuges. Dies wird schon an der Person Wjatscheslaw Nikonows deutlich, der die gesamte Russkij-Mir-Stiftung leitet. Der Politologe, frühere KP-Politiker und Duma-Abgeordnete ist ein Berater und Intimus von Putin sowie Mitglied von dessen nationalkonservativer Partei Einiges Russland. Und er ist der Enkel von Wjatscheslaw Molotow, dem skrupellosen Außenminister des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Dafür kann Nikonow nichts, aber er hat eine Biografie über seinen Großvater geschrieben und in Interviews sehr deutlich gemacht, dass er stolz sei auf dessen „Weisheit“ und „eiskalte Rücksichtslosigkeit“. Molotow war einer der Organisatoren des von Stalin befohlenen „Hunger-Holocaust“ in der Ukraine, des Holodomor, der in den schwierigen ukrainisch-russischen Beziehungen bis heute eine große Rolle spielt.

Die Hamburger „Zeit“ zitierte Nikonow kürzlich mit einer Antwort, die er auf die Frage nach einer möglichen Wiedergeburt eines „Großrussland“ gab: „Dieser Staat umfasste Transnistrien (das völkerrechtlich zur Republik Moldau gehört, sich aber mit russischer Hilfe abspaltete, d. Red.), inklusive der Süd- und Ostukraine und der Krim. Wenn die ukrainische Regierung so weitermacht wie bisher, wird dieses Szenario sehr real.“ Eine unverhüllte Drohung des obersten Kultur-Botschafters an Kiew und den Westen.

Russkij Mir wurde 2007 von Wladimir Putin persönlich gegründet – bezeichnenderweise bedeutet der Begriff „die russische Welt“. Diese Idee hat er ausdrücklich beschworen, als er völkerrechtswidrig die Krim Russland einverleibte. Und während die rasante Aufrüstung des russischen Militärs das Kernelement der klassischen „Hard Power“ darstellt, hat Putin zugleich das Instrument der „Soft Power“ gestärkt, um den russischen Einfluss auszuweiten. Dazu zählt neben der Diplomatie und Außenpolitik auch die Propagierung russischer Werte und russischer Kultur.