Rinat Achmetow macht sich für die Einheit der Ukraine stark. Merkel telefoniert erneut mit Putin

Donezk/Moskau. Der reichste Mann der Ukraine hat zu einem friedlichen Protest gegen die prorussischen Separatisten aufgerufen. Alle Ukrainer sollten für einen Osten des Landes „ohne Waffen“ und „ohne Masken“ demonstrieren, forderte der Oligarch Rinat Achmetow in einer in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten Erklärung. Mit einem kurzen Warnstreik und ohrenbetäubendem Autohupen haben Zehntausende Bürger seinem Aufruf Folge geleistet. Zugleich griff Achmetow erstmals die Rebellen in Donezk an, die dort eine unabhängige Volksrepublik ausgerufen haben. Geiselnahmen, Plünderungen und das Aufmarschieren mit Waffen dienten der Region nicht, erklärte er. „Das ist Völkermord am Donbass.“

Mit seiner Erklärung unterstrich Achmetow, dass er die Bemühungen der Übergangsregierung unterstützt, die Lage in der Ukraine zu stabilisieren. Anfang Mai hatte er dies bereits signalisiert, als seine Firma Metinvest Bergleute und Metallarbeiter in die Hafenstadt Mariupol schickte, um der Polizei dort bei Straßenpatrouillen zur Hand zu gehen. Als die Separatisten Verwaltungsgebäude unter ihre Kontrolle brachten, warb Achmetow zudem für die Einheit der Ukraine. Allerdings hatte er es bislang vermieden, das gewaltsame Vorgehen der Aufständischen zu verurteilen. Achmetow dominiert die Wirtschaft im rohstoffreichen Donezbecken. Er ist die wohl mächtigste Einzelperson in der Region. Er beschäftigt rund 300.000 Mitarbeiter. Das Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf 11,4Milliarden Dollar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Russlands Präsident Wladimir Putin am Montagabend in einem Telefonat auf, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Präsidentenwahl am Sonntag in der Ukraine zu unterstützen und das Ergebnis anzuerkennen. Der Kreml hatte zuvor mitgeteilt, Putin habe den Abzug russischer Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine angeordnet. Das russische Verteidigungsministerium erklärte dazu, die Einheiten hätten ihre geplanten Manöver abgeschlossen, der Abzug erfolge in Etappen und per Zug. Die Nato hatte aber auch am Dienstag zunächst keine Hinweise auf einen Truppenrückzug. Es habe bisher auf Satellitenbildern „keinerlei Bewegung“ gegeben, hieß es in Brüssel. Die Nato hat die Zahl russischer Soldaten im Grenzbereich bisher auf 35.000 bis 40.000 beziffert.

Russland und China haben die Ukraine aufgefordert, die dortige Krise mit „breit angelegten landesweiten Gesprächen“ zu beenden. In einer gemeinsamen Erklärung nach einem Treffen in Shanghai unterstrichen Putin und sein chinesischer Gastgeber Xi Jinping ihre Sorge über die Lage in der Ukraine. In die Verhandlungen dort müssten Regionen, Menschen und politische Gruppen einbezogen werden. Die ukrainische Regierung hat bereits zwei sogenannte runde Tische veranstaltet. Daran nahmen allerdings die Hauptgegner der Regierung – die Separatisten im Osten der Ukraine – nicht teil.

Die EU hat der Ukraine unterdessen eine erste Hilfstranche von 100 Millionen Euro überwiesen. Es ist die erste Rate eines 1,6 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramms zur Stützung der notleidenden Wirtschaft. Die Finanzhilfen sind Teil eines im März bekannt gegebenen EU-Pakets im Gesamtumfang von elf Milliarden Euro. Die Auszahlung von weiteren 500 Millionen Euro wird vorbereitet. Zusätzliche Hilfszahlungen sind jedoch von der Erfüllung von Bedingungen abhängig, die die Ukraine mit dem Internationalen Währungsfonds vereinbart hat.