In Krisenländern sinken die Defizite. Griechen schaffen sogar ein Plus – wenn man die Zinsausgaben herausrechnet

Berlin. In Europa geht es langsam wieder bergauf. Das beste Beispiel dafür ist das Sorgenkind Griechenland. Erstmals seit einem Jahrzehnt erzielte Athen einen Primärüberschuss in seinem Staatshaushalt. Das heißt: Rechnet man die Kapitalspritzen für die angeschlagenen Banken und die hohen Zinslasten für den Schuldendienst aus dem griechischen Zahlenwerk heraus, hat die Regierung im vergangenen Jahr mehr Geld eingenommen als ausgegeben.

Insgesamt lag das Plus nach Angaben der EU-Kommission bei 1,5 Milliarden Euro, das entspricht 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Dieser Überschuss gilt bei den internationalen Geldgebern von Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU als wichtige Voraussetzung für weitere Erleichterungen beim Schuldendienst. Der Überschuss zeigt, dass die Griechen ihre Finanzsituation allmählich in den Griff bekommen. Der stellvertretende griechische Finanzminister Christos Staikouras sagte in Athen, die Anstrengungen des griechischen Volkes trügen Früchte. „Die Opfer des griechischen Volkes beginnen sich auszuzahlen“, so Staikouras.

Die Euro-Finanzminister hatten dem von IWF und EU vor der Pleite bewahrten Land im November 2012 Erleichterungen beim Schuldendienst in Aussicht gestellt, falls es 2014 sein Etappenziel erreicht. Dann könnten beispielsweise die Laufzeiten der Rettungskredite gestreckt werden – auf bis zu 50 Jahre. Zugleich dürften die Zinszahlungen auf einige Darlehen sinken. Die EU und der IWF retteten Griechenland seit 2010 mit 218 Milliarden Euro vor der Pleite. Bis Ende des Jahres sollen weitere 19 Milliarden Euro Rettungshilfen fließen.

Unterm Strich allerdings, also nach den Lasten für die Bankenhilfen und den Zinszahlungen, wuchs das Defizit im Staatshaushalt Griechenlands weiter – von knapp neun auf 12,7 Prozent. Damit stieg der Schuldenberg im vergangenen Jahr auf 175 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist der Spitzenwert in der EU. Nach den Maastricht-Kriterien soll der Schuldenstand nicht höher als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sein. Grund für das hohe Defizit Griechenlands ist vor allem die teure Stütze für die angeschlagenen Geldhäuser des Landes. Im laufenden Jahr dürfte sich das Defizit kräftig verringern. Denn die Bankenhilfen werden aller Voraussicht nach nicht noch einmal anfallen.

Auch für andere Euro-Krisenländer gab es verhalten gute Nachrichten. Portugal, das zum Jahresende sein Hilfsprogramm verlassen soll, senkte dem europäischen Statistikamt Eurostat zufolge sein Defizit stärker als erwartet von 6,4 auf 4,9 Prozent. Zypern, das nach Problemen im Bankensektor internationale Kredite erhalten hatte, verringerte seinen Fehlbetrag von 6,4 auf 5,4 Prozent. In Irland fiel das Defizit von 9,7 Prozent auf 7,2 Prozent und in Portugal von 6,2 auf 4,9 Prozent. Lediglich in Slowenien, wo die Krise später einsetzte als in den anderen Volkswirtschaften, stieg das Haushaltsdefizit stark an und sprang von 4,0 Prozent auf 14,7 Prozent – es war der größte Zuwachs der gesamten Euro-Zone.

Angesichts der inzwischen besseren Entwicklung kehrt am Finanzmarkt das Vertrauen in die Krisenstaaten zurück. Anfang April sammelten die Griechen drei Milliarden Euro bei Investoren ein. Zuvor hatte sich schon Irland erfolgreich frisches Geld an den Finanzmärkten beschafft. Und am Mittwoch glückte nun auch Portugal ein Comeback.

Die Regierung in Lissabon stieß bei ihrer ersten Anleihen-Emission seit drei Jahren auf reges Interesse bei Investoren. Bei der ersten öffentlichen Auktion zehnjähriger Staatsanleihen seit der Flucht unter den Euro-Rettungsschirm sammelte das Land 750 Millionen Euro ein, wie die Schuldenagentur in Lissabon mitteilte. Die Rendite, die Anleger erhalten, fiel mit 3,57 Prozent überraschend niedrig aus.

Alles in allem hat sich die Lage der öffentlichen Haushalte in den Euro-Ländern 2013 ein wenig verbessert. Das Haushaltsdefizit aller 18 Euro-Länder zusammen sank von 3,7 auf 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung. Erstmals seit 2008 hielt die Euro-Zone damit den nach europäischen Regeln maximal zulässigen Wert ein.

Wegen des Defizits stieg die Gesamtverschuldung der 18 Euro-Länder allerdings weiter an. Im vergangenen Jahr hatte die Staatsschuld der Mitgliedsländer 92,6 Prozent der Wirtschaftsleistung ausgemacht. Im vorangegangenen Jahr waren es noch zwei Prozentpunkte weniger gewesen. Vor allem Rettungsprogramme für angeschlagene Banken hatten die Staatsfinanzen vieler Länder in den vergangenen Jahren stark belastet. Hinzu kamen tiefe Rezessionen in den Krisenländern, durch die öffentliche Kassen weiter unter Druck gesetzt wurden.

Deutschland hat im vergangenen Jahr einen ausgeglichenen Haushalt für Bund, Länder und Gemeinden als Ganzes erreicht. Der Gesamtschuldenstand der öffentlichen Haushalte hierzulande sank aber nur leicht auf 78,4 Prozent. Deutschland liegt damit weit hinter den Musterschülern der Währungsgemeinschaft. Am niedrigsten ist die Schuldenlast des Staates in Estland. Die Staatsschulden des erst vor vor drei Jahren der Euro-Zone beigetretenen baltischen Staats machen nur zehn Prozent seiner Wirtschaftskraft aus.

Mit der verbesserten wirtschaftlichen Situation in der Euro-Zone und den damit einhergehenden sinkenden Defiziten dürften in den kommenden Jahren aber auch die Schuldenlasten der Staaten schrumpfen – wenn auch nur langsam.