Mit einer illegalen Ladung libyschen Öls kreuzte die „Morning Glory“ mehrere Tage im Mittelmeer

Tripolis. Bei einer nächtlichen Kommandoaktion haben Spezialeinsatzkräfte der US-Marine den mit libyschem Öl beladenen Tanker „Morning Glory“ im Mittelmeer aufgebracht. Der Einsatz der Navy Seals sei auf Bitten der Regierungen Libyens und Zyperns erfolgt, teilte das US-Verteidigungsministerium am Montagmorgen mit. Der Tanker sei staatenlos gewesen. Das Kommando der Navy Seals, das zum Sondereinsatzkommando Europa SOCEUR gehört, habe die „Morning Glory“ am Sonntagabend in internationalen Gewässern südöstlich von Zypern geentert, hieß es. Der Einsatz sei von US-Präsident Barack Obama selbst genehmigt worden. Niemand sei verletzt worden.

Nach Pentagon-Angaben hatten drei bewaffnete Libyer den Tanker unter ihrer Kontrolle gehabt. Das Entern sei vom Lenkwaffenzerstörer „USS Roosevelt“ aus unter Einsatz von Hubschraubern erfolgt. Mittlerweile seien Matrosen des Navy-Schiffs „USS Stout“ an Bord gegangen. Sie würden dafür sorgen, dass die „Morning Glory“ einen Hafen in Libyen ansteuere.

Anfang März hatten bewaffnete Separatisten den ostlibyschen Ölverladehafen Al-Sidra und zwei weitere Ölhäfen besetzt. Eine selbst ernannte Autonomieregierung verkaufte Öl aus den von ihr beherrschten Förderanlagen am libyschen Staatskonzern vorbei, um sich zu finanzieren. Die Rebellen beanspruchen eine Beteiligung am Ölreichtum des Opec-Mitglieds und fordern Autonomie für den Osten Libyens. Es wird eine Spaltung des nordafrikanischen Landes befürchtet.

Die im vergangenen Sommer unter nordkoreanischer Flagge fahrende „Morning Glory“ bunkerte in Al-Sidra illegal an Unbekannte verkauftes Öl. Die libysche Regierung versuchte das vergeblich mit der Drohung zu verhindern, das Schiff zu bombardieren. Die „Morning Glory“ konnte Al-Sidra verlassen, irrte anschließend aber im östlichen Mittelmeer umher. Nordkorea bestreitet jede Verantwortung für den Tanker. Nach einem Vertrag mit dem ägyptischen Unternehmen Golden East Logistics habe das Schiff lediglich das Recht gehabt, die Flagge Nordkoreas „sechs Monate lang zu nutzen“. Weil der Reeder den Vertrag gebrochen habe, habe Nordkorea dem Schiff die Registrierung entzogen, hieß es.

Das zyprische Außenministerium bestätigte, dass das Schiff von den Amerikanern geentert wurde. „Es ist unter der Kontrolle der USA. Es bewegt sich in amerikanischer Begleitung Richtung Westen“, hieß es. Die Behörden in Nikosia hätten den Tanker das ganze Wochenende über beobachtet.

Der Konflikt um das libysche Öl zeigt, wie schwer es der Regierung auch fast drei Jahre nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar Gaddafi noch fällt, das Land in stabile Bahnen zu lenken. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen mit Rebellen oder zu Anschlägen. Zuletzt starben am Montag acht Menschen durch mehrere Autobomben, die an der Militärakademie in Bengasi explodierten. Außerdem seien Dutzende Menschen verletzt worden, hieß es in Krankenhaus- und Sicherheitskreisen.

In Bengasi hatte 2011 der Aufstand gegen Gaddafi begonnen. Die Stadt ist eine Hochburg von Milizen, die gegen den Diktator kämpften. Dort haben die Attentate auf Militär und Polizei sowie Richter, Aktivisten und Geistliche stark zugenommen. Festnahmen gab es bisher kaum. Die schwache Regierung in Tripolis bekommt die Milizen nicht unter Kontrolle. Der im Zuge der Tankeraffäre entmachtete und nach Europa geflohene libysche Ministerpräsident Ali Seidan hat seine Landleute vor dem Machtstreben der Islamisten gewarnt. Die Muslimbruderschaft versuche, den gesamten Staat unter ihre Kontrolle zu bringen und die in einer Demokratie notwendige Gewaltenteilung aufzuheben, sagte Seidan dem Fernsehsenders Libya li kull al-Ahrar.