Der Süden kündigt für den Fall von Provokationen Vergeltung ohne politische Abwägung an. Die USA schicken Tarnkappenjets

Seoul/Washington. Nach immer neuen Drohungen aus Nordkorea schlägt jetzt auch das Nachbarland Südkorea schärfere Töne an. Seoul warnte den kommunistischen Norden in deutlicher Form vor möglichen Angriffen. Die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye wies am Montag die Streitkräfte an, auf militärische Provokationen des Nachbarlandes "ohne Rücksicht auf jede politische Abwägung" prompt und strikt zu reagieren.

Nach Kritik an der als zu zögerlich empfundenen Reaktion auf den Beschuss einer südkoreanischen Insel 2010 hat die Regierung in Seoul bereits in der Vergangenheit die militärische Einsatzplanung geändert. Örtliche Einheiten dürfen jetzt umgehend auf Angriffe reagieren, ohne auf eine Genehmigung der Regierung warten zu müssen. Auch hat Südkorea damit gedroht, Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un direkt zu treffen und Symbole der Macht der Kim-Dynastie zu zerstören. Dies war im Norden auf besondere Empörung gestoßen.

Der kommunistische Norden hatte am Sonnabend den "Kriegszustand" im Verhältnis zum Süden verkündet. Zudem erklärte das Regime, Nordkoreas Atomwaffen seien nicht verhandelbar. Das Zentralkomitee der Arbeiterpartei in Nordkorea beschloss zudem eine neue strategische Linie, mit der die atomare Rüstung und der wirtschaftliche Aufbau gleichzeitig gefördert werden sollen. "Die Atomstreitmacht der Volksrepublik stellt das Leben der Nation dar", wurde Machthaber Kim Jong-un von den Staatsmedien zitiert. Nordkorea hat auch die Schließung eines gemeinsam mit Südkorea betriebenen Industrieparks in der nordkoreanischen Grenzstadt Kaesong angedroht. Doch auch am Montag konnten Hunderte Pendler aus Südkorea nach Angaben des Vereinigungsministeriums in Seoul ungehindert ein- und ausreisen.

Der Atomstreit verschärft sich Zug um Zug bereits seit mehreren Wochen. Der Uno-Sicherheitsrat hatte Nordkorea nach dem dritten Atomtest des Landes im Februar mit der Ausweitung von Sanktionen bestraft. Nordkorea hatte als Reaktion unter anderem den Waffenstillstandsvertrag von 1953 zur Beendigung des dreijährigen Korea-Kriegs aufgekündigt. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht geschlossen.

Unterdessen veröffentlichte die "Washington Post" neue Details über Nordkoreas Atomtest im Februar. Laut von der Zeitung zitierten Geheimdienstquellen gäbe es immer mehr Anzeichen dafür, dass Nordkorea beim letzten Test nicht - wie bei den vorangegangenen beiden Atomtests zuvor - eine Plutonium-Bombe, sondern eine Uran-Atombombe gezündet habe. Dies kann als Zeichen der verstärkten Kooperation mit dem Iran gewertet werden. Es wird befürchtet, dass der Iran durch einen nordkoreanischen Atomtest den Fortschritt seines eigenen Atomprogramms verschleiern könnte. Außerdem gehen westliche Geheimdienste davon aus, dass beide Länder auch bei der Raketentechnologie zusammenarbeiten. Die US-Streitkräfte demonstrieren weiter militärische Stärke auf der koreanischen Halbinsel. Die US-Luftwaffe schickte am Sonntag von ihrem Stützpunkt Kadena in Japan F-22-Jagdflieger mit Tarnkappeneigenschaften nach Südkorea. Dort sollten sie an den jährlichen gemeinsamen Militärübungen teilnehmen, sagte ein Sprecher der US-Streitkräfte in Korea (USFK). Wie viele Jets kamen und wie lange sie bleiben, sagte er nicht.

Die USA und Südkorea befürchten, dass sich der Norden zu einer militärischen Provokation hinreißen lassen könnte. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, Besonnenheit auf allen Seiten sei das Gebot der Stunde. "Aus einem Krieg der Worte darf kein echter Krieg werden", sagte der Minister der "Bild"-Zeitung. Papst Franziskus hatte in seiner Osterbotschaft um Frieden und einen neuen Geist der Versöhnung auf der koreanischen Halbinsel gebeten.

Die neueste Personalie in Nordkorea gibt unterdessen weltweit Rätsel auf. Inmitten der Spannungen hat das kommunistische Regime einen neuen Ministerpräsidenten bestimmt. Das Amt übernimmt der Wirtschaftsfachmann Pak Pong-ju, wie auf der Vollversammlung des Parlaments in Pjöngjang mitgeteilt wurde. Pak hatte den Posten schon einmal inne, musste Berichten zufolge aber 2007 wegen interner Zwistigkeiten zurücktreten. Er soll ein Lohnsystem vorgeschlagen haben, das der damaligen Führung als zu marktwirtschaftlich galt. Die Ernennung folgt auf den jüngsten Aufruf Kim Jong-uns, die Wirtschaft des Landes zu stärken.

Das Leiden der überwiegend armen Bevölkerung hat dramatische Ausmaße angenommen: Jedes vierte Kind in Nordkorea ist chronisch unterernährt, wie eine neue Studie des Uno-Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten zeigt. Zwei Drittel aller 24 Millionen Bürger leiden unter Versorgungsengpässen. Befördert wird dies durch die Abschottungspolitik des seit Jahrzehnten regierenden kommunistischen Regimes.