Zypern-Krise eskaliert. Doch keine Zwangsabgabe für alle? Zusage der Kanzlerin nach der Lehman-Pleite gelte auch weiterhin. Zypern sei ein “Sonderfall“

Hamburg. Voller Sorgen blickt die Welt auf Zypern. In einem dramatischen Wettlauf gegen die Zeit versuchten Politiker am Montag, das Rettungspaket für die Mittelmeerinsel doch noch aufzuschnüren und die geplante Zwangsenteignung von Kleinsparern zu stoppen. Die Parlamentsabstimmung in Nikosia wurde auf den heutigen Dienstag verschoben. Am Montagabend berieten die Euro-Finanzminister in einer kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz über die Lage. Die Banken des Inselstaats sollen noch bis Donnerstag geschlossen bleiben, um ein massenhaftes Abheben von Bargeld zu verhindern. Wirtschaftsexperten warnten, die beabsichtigte Zwangsabgabe in Zypern werde wie ein Dammbruch wirken - auch in anderen europäischen Ländern könnten Anleger jetzt versuchen, ihre Vermögen in Sicherheit zu bringen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bemühte sich, die Ängste der Deutschen zu zerstreuen. Ihre Zusage nach der Lehman-Pleite 2008, die Regierung garantiere für die Sicherheit der Spareinlagen, gelte auch weiterhin, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert in Berlin. Zypern sei ein "Sonderfall". Das geplante Hilfspaket mit der Beteiligung der Sparer habe "keine Parallele zu anderen Ländern und deswegen auch keine Auswirkungen auf sie".

Am Sonnabend hatten sich die Euro-Finanzminister angesichts der Krisenlage des Inselstaates auf ein Zehn-Milliarden-Euro-Hilfspaket für Zypern verständigt: Bei Einlagen unter 100.000 Euro sollen Guthaben mit 6,75 Prozent belastet werden, bei höheren Einlagen mit 9,9 Prozent. Ziel ist es dabei, auch die vielen ausländischen Anleger in Zypern, etwa reiche Russen, an der Rettung der Inselbanken zu beteiligen.

Viele kleine Sparer aber fühlten sich ungerecht zu Schuldigen der Krise gemacht und demonstrierten am Montag zu Hunderten vor dem Parlament in Nikosia. Am Nachmittag gab die Regierung dem Druck nach. Jetzt sollen nach unbestätigten Informationen Guthaben bis 20.000 Euro von Abgaben freigestellt werden. Ob dies ausreicht, um die von der Euro-Gruppe geforderte Sparerbeteiligung über 5,8 Milliarden Euro zu gewährleisten, ist aber fraglich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ließ mitteilen, er habe die Beteiligung von Kleinsparern nie zur Bedingung gemacht.

Banken und Finanzinstitute kritisierten die teilweise Enteignung der Anleger scharf. Der renommierte US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman schrieb in der "New York Times": "Es ist, als ob die Europäer eine Leuchtreklame hoch halten, auf der in italienischer und griechischer Sprache steht: Zeit, die Banken zu stürmen!" Auch der frühere Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, ging mit den EU-Finanzministern ins Gericht: "Ich habe die große Besorgnis, dass es zu Vertrauenseinbrüchen, nicht nur bei Banken, sondern auch bei Bürgern, kommt." Russlands Präsident Wladimir Putin nannte die Zwangsabgabe "ungerecht, unprofessionell und gefährlich".