Gespräche in Moskau und Washington abgesagt. In Aleppo wächst der Einfluss der Islamisten

Istanbul/Washington. Nach einer Vielzahl gescheiterter Lösungsversuche im Syrienkonflikt kehrt das wichtigste Bündnis der Regimegegner der Weltgemeinschaft den Rücken. Die oppositionelle Nationale Syrische Koalition erklärte, sie werde sowohl das nächste Treffen der Freunde Syriens in Rom boykottieren als auch Gespräche in Moskau und Washington. Stattdessen soll nun rasch eine Übergangsregierung gebildet werden, die wenigstens in den von Rebellen "befreiten" Gebieten die Verantwortung übernimmt.

Die Oppositionsplattform begründete ihren Boykott mit dem "internationalen Schweigen" zur Gewalt in Syrien. Der Sprecher der Koalition, Walid al-Bunni, betonte: "Wir können nicht immer nur den Erklärungen zuhören. Wir wollen, dass unsere Freunde auch handeln." Es sei die Pflicht der Weltgemeinschaft, die Menschen in Syrien zu schützen. Die Rebellen wollen militärische Hilfe und Waffen. Doch der Uno-Sicherheitsrat ist im Syrien-Konflikt zutiefst zerstritten. Am 2. März will die Opposition bei einem Treffen in Istanbul über die Bildung der Übergangsregierung beraten.

Die USA hoffen trotz der Absage auf eine Teilnahme der Oppositionellen an der Zusammenkunft der Freunde Syriens, zu der auch der neue US-Außenminister John Kerry erwartet wird. Eine Sprecherin des Außenministeriums betonte, die Vereinigten Staaten freuten sich auf ein baldiges Treffen mit der legitimen Vertretung des syrischen Volkes und auf die Gespräche darüber, wie die internationalen Freunde Syriens der Koalition besser helfen könnten. Sie verurteilte zugleich die jüngsten Raketenangriffe des Assad-Regimes auf Aleppo aufs Schärfste.

In Aleppo gab es erneut heftige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad hatten die Stadt mit drei Raketen angegriffen und nach Angaben von Aktivisten Dutzende Menschen getötet. Regierungstruppen nahmen laut Oppositionellen auch das Umland von Damaskus und andere Oppositionshochburgen unter Beschuss. Landesweit kamen am Wochenende bis zum frühen Sonntagnachmittag rund 200 Menschen ums Leben.

In Aleppo und anderen Oppositionshochburgen wächst mit der Dauer des Bürgerkriegs der Einfluss der Islamisten. Das dürfte einer Übergangsregierung die Arbeit erschweren. Zu den militärisch erfolgreichsten Brigaden gehört die Al-Nusra-Front, deren Ziel die Gründung eines islamischen Staates ist. In einigen Gebieten hat sie Scharia-Gerichte eingerichtet. Die Kämpfer sind bei vielen beliebt, weil sie als nicht korrupt gelten und auch sozial tätig sind. Die USA haben die Gruppe, auf deren Konto auch zahlreiche Selbstmordanschläge gehen, als Terrororganisation eingestuft.