Großbritanniens Premierminister David Cameron erneuerte auf dem EU-Finanzgipfel - wenn auch etwas leiser als bisher - seine Veto-Drohungen.

Brüssel. Das EU-Finanzpoker begann wie eine Zockerei am Spieltisch: Zum Start der Gipfelgespräche wollte sich keiner der 27 Staats- und Regierungschefs in die Karten schauen lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gab sich betont reserviert, Großbritanniens Premierminister David Cameron erneuerte - wenn auch etwas leiser als bisher - seine Veto-Drohungen, und Frankreichs Präsident François Hollande pochte auf die Agrarsubventionen für seine Bauern.

Die drei Hauptakteure im Rennen um einen bis zu 1000 Milliarden Euro schweren Finanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 sagten grundsätzlich Kompromissbereitschaft zu. Alle drei wollten am Ende keinesfalls den Schwarzen Peter in der Hand haben. "An mir soll es nicht liegen", war die Botschaft, die ihre Delegationen in die Medienwelt sandten.

In EU-Kreisen wurde zuletzt eine Summe von 960 Milliarden Euro als möglicherweise gangbarer Kompromiss gehandelt. Rund zwölf Milliarden weniger, als Gipfelchef und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zuletzt als Finanzplanung ohne Nebenhaushalte vorgeschlagen hatte. Doch das war hoch umstritten. Der für 15 Uhr vorgesehene Gipfelbeginn verzögerte sich um Stunden.

Die Staatenlenker selbst wollten Hinweise auf einen möglichen Kompromiss zunächst einmal keinesfalls über ihre Lippen kommen lassen. Nachdem Merkel und Hollande am Vorabend noch beim Fußball-Länderspiel in Paris verfolgen konnten, wie erfolgreiche Angriffsstrategie funktioniert, war der Gipfelstart eher etwas für die Feinschmecker in Sachen Polit-Taktik. "Die Positionen sind doch noch recht weit auseinander", sagte Merkel besonders vorsichtig und ließ sich damit alle Türen offen.

Ratspräsident Van Rompuy wollte nicht noch einmal ein Scheitern des Gipfels riskieren. So wie im November vergangenen Jahres, als die 27 Staats- und Regierungschefs zwar mit viel gutem Willen, aber ohne zählbares Ergebnis zwei Tage lang verhandelt hatten. Diesmal legte Van Rompuy den Finanzrahmen vorher fest - erst wenn alle 27 dazu "Ja" gesagt haben, sollte es um Details gehen. Etwa um den Erhalt der Agrarsubventionen, die den Franzosen so wichtig sind. Und um die Kürzung bei der EU-Verwaltung und damit den Beamtenbezügen, die von den Briten vehement gefordert wird. Premier Cameron kam zum Gipfel demonstrativ zu Fuß statt mit der Staatskarosse. Die meisten seiner Kollegen ließen sich durch das Brüsseler Schneetreiben doch lieber chauffieren.

Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker wetterte gegen Cameron und die Länder, die dem Sparkommissar aus London die Steigbügel halten. "Es geht hier um Politik, es geht eben nicht nur um Zahlen. Wir haben Inhalte vereinbart, wir haben große Reden geschmettert, mehr gegen Arbeitslosigkeit und gegen Jugendarbeitslosigkeit zu tun", mahnte Juncker. "Wer jetzt weiter Abstriche vornehmen will, muss sagen, was er eben nicht mehr machen möchte." Ähnlich, wenn auch nicht ganz so deutlich, hatte sich zuvor Kommissionspräsident José Manuel Barroso geäußert.

Wie schwierig die Verhandlungen werden könnten, zeigte sich an der Haltung von Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann, einem Vertreter der kleineren Länder und erklärtem Gegner Camerons. Österreich erhält wie Großbritannien einen Rabatt auf seine Einzahlungen in den Europa-Topf. "Wenn die einen verlangen, dass alles bestehen bleibt, dann werden wir das auch tun", sagte er mit Blick auf London. Dort will den schon von der "Eisernen Lady" Margaret Thatcher ausgehandelten, 3,6 Milliarden Euro schweren Briten-Rabatt verteidigen.