Wie vergangene Woche haben sich Anhänger und Gegner des Präsidenten nach dem Freitagsgebet Straßenschlachten geliefert.

Alexandria. Unmittelbar vor der zweiten Runde des umstrittenen Verfassungsreferendums liegen in Ägypten erneut die Nerven blank. Tausende Anhänger von Präsident Mohammed Mursi haben sich am Freitag in Alexandria heftige Straßenschlachten mit Regierungsgegnern geliefert. In der Hafenstadt im Norden des Landes bewarfen sich beide Seiten gegenseitig mit Steinen und Felsbrocken. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken. Mindestens 42 Menschen seien verletzt worden, sagte ein Vertreter der Gesundheitsbehörde.

Islamistische Gruppen hatten zuvor zur einer Großkundgebung vor der Al-Kaid-Ibrahim-Moschee im Herzen Alexandrias aufgerufen. Tausende Salafisten und Mitglieder der Muslimbruderschaft, die den Verfassungsentwurf befürworten, folgten dem Aufruf und riefen „Gott ist groß“. Kurz darauf kam es jedoch zu schweren Zusammenstößen mit jugendlichen Anhängern der Opposition. Welche Seite die Unruhen auslöste, war zunächst unklar. Sicherheitskräfte sperrten die Zufahrtsstraßen zur Moschee, um eine Eskalation zu vermeiden.

Die Kundgebung der Islamisten war eine Reaktion auf eine Protestaktion in der vergangenen Woche, bei der die Al-Kaid-Ibrahim-Moschee von Aktivisten belagert worden war. Der populäre salafistische Prediger Ahmed el-Mahalawi saß zwölf Stunden lang in dem Gebäude fest, während sich seine Anhänger mit Anhängern der Opposition heftige Auseinandersetzungen lieferten.

Bei der ersten Runde der Volksabstimmung vor einer Woche hatten sich etwa 57 Prozent der Wähler für den Entwurf ausgesprochen, etwa 43 Prozent hatten dagegen gestimmt. Die zweite Runde findet am (morgigen) Sonnabend statt. Rund 25 Millionen Stimmberechtigte werden zu den Urnen gerufen.

Liberale, Säkulare, Christen und andere Kritiker monieren, die Verfassung würde dem islamischen Recht, der Scharia, zu viel Raum geben. Sie fürchten, dass Bürgerrechte und Freiheiten zu kurz kommen. In den vergangenen Wochen war es zu massiven Protesten der Opposition gegen das Referendum und die Politik von Präsident Mursi gekommen. Bei gewaltsamen Ausschreitungen wurden mindestens zehn Menschen getötet, rund tausend wurden verletzt.